Maßnahmen und Sanktionen nach dem Infektionsschutzgesetz

Das „normale“ Leben schien bereits greifbar und damit auch das Ende der Grundrechtseinschränkungen durch Corona-Maßnahmen. Bei hierzulande noch unzureichender Impfquote traf das SARS-CoV-2-Virus jedoch auf fruchtbaren Boden und zeigt nun zum vierten Mal seine ganze Stärke. Die neue Bundesregierung in spe hat reagiert und Regeln für den Corona-Winter aufgestellt, die nach dem Ende der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ greifen. Die Sanktionen passen sich dem an.   

Coronavirus sorgt kontinuierlich für IfSG-Reformen

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist seit dem 1.1.2001 in Kraft und wurde aus Anlass der Pandemie mehrfach ergänzt. Es ist Grundlage für alle staatlichen Maßnahmen, die auf die Vorbeugung, Früherkennung und die Verhinderung der Weiterverbreitung ansteckbarer Krankheiten abzielen. COVID-19 wurde als meldepflichtige Krankheit in § 6 Abs. 1 Nr. 1 t) IfSG aufgenommen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie gab es etliche Gesetzesänderungen. Die jüngste stammt aus der Feder des künftigen Regierungsbündnisses aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Noch vor eigener Konstitution hat es ein Gesetz zur Änderung des IfSG und weiterer Gesetze durchgebracht (Bundesrat, Drucksache 803/21). Nach - widerwilliger - Zustimmung des Bundesrats am 19.11.2021 tritt es größtenteils noch im November 2021 in Kraft. Es blieb dabei, dass die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ nicht mehr verlängert wird. An diese knüpften zahlreiche Rechtsfolgen des IfSG und Corona-Verordnungen an, weshalb nun gegenzusteuern war, um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung trotzdem zu gewährleisten.

Bundesweit einheitliche Maßnahmen weiterhin möglich

Die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ ist passé, nicht aber die Möglichkeit bundeseinheitlicher Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus`. Dafür sorgen die neuen § 28a und b IfSG. Dort sind Maßnahmen aufgeführt, die unabhängig von der epidemischen Notlage angeordnet werden können.

Katalog von Maßnahmen, die bundesweit angeordnet werden können

§ 28 Abs. 7 IfSG sieht vor:

  1. die Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum, insbesondere Innenräumen,
  2. die Anordnung von Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum,
  3. die Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder einer medizinischen Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz),
  4. die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen sowie an die Vorlage solcher Nachweise anknüpfende Beschränkungen des Zugangs in Betrieben, Gewerben, Einrichtungen mit Publikumsverkehr, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen, an denen typischerweise viele Menschen teilnehmen,
  5. die Verpflichtung zur Erstellung und Anwendung von Hygienekonzepten, auch unter Vorgabe von Personenobergrenzen für Betriebe, Gewerbe, Einrichtungen mit Publikumsverkehr, Angebote, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen, an denen typischerweise viele Menschen teilnehmen,
  6. die Erteilung von Auflagen für die Fortführung des Betriebs von Kitas, Horten, Schulen, Heimen, Ferienlagern o.ä., Hochschulen, außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnlichen Einrichtungen und
  7. die Anordnung der Verarbeitung der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern in Betrieben, Gewerben, Einrichtungen mit Publikumsverkehr, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen, an denen typischerweise viele Menschen teilnehmen, um nach Auftreten einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können; dabei kann auch angeordnet werden, dass die Nachverfolgung und Unterbrechung von Infektionsketten vorrangig durch die Bereitstellung der QR-Code-Registrierung für die Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts erfolgt.

3G-Zugangsregel und Maskenpflicht im öffentlichen Personennah- und -Fernverkehr

Nach dem neuen IfSG der künftigen Regierungskoalition darf nun auch der Nah- und Fernverkehr nur nutzen wer geimpft, genesen oder getestet ist (§ 28b Abs. 5 IfSG n.F.). Ausnahmen gelten für Schüler und Taxifahrten.

Zudem muss mindestens eine medizinische Maske getragen werden. Ausgenommen hiervon sind Kinder bis 6 Jahre, Menschen, die entsprechend ärztlicher Bescheinigung keine Gesichtsmaske tragen sollen sowie Gehörlose/Schwerhörige, deren Begleitpersonen und die Menschen, die mit ihnen kommunizieren.

All dies soll von den Beförderern stichprobenartig geprüft werden und bundesweit bis zum 19.03.2022 gelten (§ 28b Abs. 7 IfSG n.F.).

3G-Zutrittsregelung am Arbeitsplatz

Eine der einschneidendsten Neuregelungen betrifft die Arbeitswelt und die dort ab sofort vorgeschriebene 3G-Regel (28b IfSG n.F.). Überall da, wo bei der Arbeit Kontakte mit Arbeitgeber, anderen Beschäftigten oder Dritten nicht ausgeschlossen werden können, gilt die 3G-Zutrittsbeschränkung. Diese ist vom Arbeitgeber vor Arbeitsantritt zu kontrollieren in Form

  • eines Nachweises über den Impfstatus,
  • den Genesenenstatus oder
  • einen gültigen Negativtest (Schnelltest max. 24 h, PCR-Test max. 48 h alt).

Der Arbeitgeber kann seinen Beschäftigten Test- und Impfangebote - ebenfalls vor Arbeitsantritt - im Betrieb unterbreiten; dazu dürfen die Mitarbeiter die Räumlichkeiten betreten. Verstöße auf beiden Seiten werden mit Bußgeldern geahndet und können arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In Pflegeeinrichtungen gilt Testpflicht auch für Geimpfte und Genesene

In Pflege- und Altenheimen sowie in Behinderten- und Gesundheitseinrichtungen gilt eine Testpflicht für alle außer für die Betreuten, Gepflegten oder Behandelten selbst. Arbeitgeber, Angestellte und Besucher, die die Einrichtungen betreten, müssen aktuelle Negativ-Tests vor Zutritt vorweisen. Geimpfte oder genesene Beschäftigte können auch Selbsttests machen und brauchen PCR-Tests höchstens zweimal in der Woche wiederholen. Im Rahmen eines verpflichtend zu erstellenden Testkonzepts müssen solche Einrichtungen allen Beschäftigten und Besuchern Testungen anbieten.

Datenverarbeitung der 3G-Infos der Arbeitnehmer

Mit der 3G-Zutrittsregelung wurde die Auskunftspflicht über den Impf- und Serostatus gegenüber dem Arbeitgeber, die bislang nur in bestimmten Berufsgruppen– und Bereichen galt (medizinische Einrichtungen, Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen), zwar nicht offiziell erweitert auf alle Unternehmen und Einrichtungen, kommt dem aber in seiner praktischen Ausübung sehr nah.

Die Daten über den Impf-/Sero-/Test-Status dürfen von den Arbeitgebern zur Erfüllung der Kontroll- und Dokumentationspflichten verarbeitet, aber nicht langfristig gespeichert werden. Die Daten dürfen auch dazu genutzt werden, die betrieblichen Hygienekonzepte besser anzupassen.

In Kitas, Schulen und Pflegeheimen dürfen Arbeitgeber den Impf- und Genesenenstatus bis zum 19.3.2022 abfragen

Die Auskunftspflicht über den Impf- und Serostatus gegenüber dem Arbeitgeber in den Bereichen der Kitas, Schulen und Pflegeheimen wurde – nach Auslaufen der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, an die diese geknüpft war – verlängert bis zum 19.3.2022 (§ 36 Abs. 3 IfSG n.F.). Die Auskunftspflicht beinhaltet eine Wahrheitspflicht. Eine Impfpflicht der Arbeitnehmer folgt daraus jedoch weiterhin nicht.

Die Homeoffice-Pflicht ist zurück

In der Zeit vom 24.4. bis 30.6.2021 gab es die Homeoffice-Pflicht schon einmal, nun ist sie für den Corona-Winter 2021/2022 zurück. Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten die Arbeit am häuslichen Arbeitsplatz anzubieten, wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben das Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen (§ 28b Abs. 4 IfSG n.F.).

Bundesländer entscheiden selbst, welche weitergehenden Corona-Maßnahmen sie ergreifen

Alle weitergehenden Maßnahmen liegen in der Regelungskompetenz der einzelnen Bundesländer. Sie sollen sich dabei an einem Faktorenmix orientieren, der über die bloße Inzidenzzahl hinaus geht. Zu berücksichtigen sind:

  • die Anzahl der Neuinfektionen,
  • die verfügbaren intensiv-medizinischen Behandlungskapazitäten und
  • die Anzahl der geimpften Personen.

Die jeweilige Festlegung von Schwellenwerten und die Entscheidung über daraus folgende Maßnahmen ist in Länderhände gegeben (§ 28a Abs. 3 Sätze 2-13 IfSG). So kann abhängig von der regionalen Situation gezielt in Hotspots reagiert werden. Damit werden auch die Grundrechtseingriffe möglichst gering gehalten.

RKI hilft Ländern bei der Bestimmung der Schwellenwerte mit Indikatoren-Daten

Das RKI soll den Bundesländern Schützenhilfe leisten, indem es hilfreiche Daten zu den Indikatoren wie der Hospitalisierungsrate, diese nach Altersgruppen differenziert, veröffentlicht. Diese Daten werden auch örtlich möglichst präzise erhoben, auf der Webseite veröffentlicht und werktäglich aktualisiert.

Gemeinsame Linie von Bund und Ländern

In der Videoschaltkonferenz am 18.11.2021 haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Regierungschefs der Bundesländer u.a. auf Folgendes geeinigt:

  • Sofern die Hospitalisierungsrate über den Schwellenwert 3 steigt, wird flächendeckend 2 G vorgeschrieben, v.a. im Freizeit- und Veranstaltungsbereich, in Gastronomie und bei Beherbergungen;
  • Sofern die Hospitalisierungsrate den Schwellenwert von 6 überschreitet, wird an Orten, an denen das Infektionsrisiko aufgrund der hohen Personenanzahl auf engem Raum besonders hoch ist (Diskotheken, Clubs, Bars etc.) 2 G plus eingeführt;
  • Steigt die Hospitalisierungsrate auf über 9, werden die weitergehenden Möglichkeiten des IfSG ergriffen;
  • Die Länder sorgen für eine strikte, möglichst dichte Kontrolle, die Ausschöpfung des Bußgeldrahmens und konsequente Sanktionierung;
  • Bürgertests sind wieder kostenlos.

Weiterhin gültig: AHA +AL

Weiterhin bundesweit gültig sind die AHA+AL-Regeln:

Abstand von 1,5 m

Hygiene wie gründliches Händewaschen

Alltagsmaske (medizinische) tragen, mindestens da, wo es vorgeschrieben ist