Kein Schadensersatzanspruch bei fingiertem Autounfall und Indizien für Manipulation
Der Unfall ereignete sich, als eine Frau mit ihrem Auto in einen Innenhof einfuhr, um dort ihr Fahrzeug zu parken. Dort stieß der BMW der Klägerin mit einem rückwärtsfahrenden Fahrzeug zusammen, das dann auch noch einen auf dem Hof geparkten VW beschädigte, der ebenfalls der Klägerin gehörte.
Ungewöhnliche Unfallumstände machen Versicherung hellhörig
Was den Unfall ungewöhnlich machte waren einige Umstände, die die Kfz-Versicherung alarmierten und ihre Bereitschaft Versicherungsschutz zu gewähren dämpfte :
- Hätte die Klägerin bei der Durchfahrt des Tores das rückwärtsfahrende Fahrzeug, der aus ihrer Sicht von links kam, unbedingt sehen müssen. Sie hätte auch erkennen müssen, dass es zur Kollision kommen würde, wenn sie nicht ausweichen würde. Doch sie wich nicht aus.
- Hätte die Klägerin rechtzeitig gebremst, hätte sie noch vor dem Beklagten-Pkw zum Stehen kommen können und wäre nicht mit einer Kollisionsgeschwindigkeit von mindestens 12 km/h mit dem Beklagten-Pkw kollidiert
- Schwer erklärbar war auch das Verhalten des rückwärtsfahrenden Beklagten. Der hatte bei der Rückwärtsfahrt in dem von Hauswänden umgrenzten Hof sein Auto auf 25 km/h beschleunigt – was laut Sachverständigem der maximal erreichbaren Beschleunigung entsprach
Angesichts dieser Umstände ging das OLG München von einem manipulierten Unfall aus. Die Klägerin sei mit der Beschädigung ihrer Fahrzeuge nicht nur einverstanden gewesen. Sie habe die Kollision sogar vorsätzlich herbeigeführt, so der Senat.
Unterbliebener Fluchtreflex spricht für manipulierten Unfall
Für eine Unfallverabredung sprach insbesondere der unterbliebene Fluchtreflex der Klägerin. Dieser lasse in Ermangelung anderer Erklärungen nur den Schluss zu, dass die Kollision vorsätzlich herbeigeführt wurde.
Die Klage gegen die Haftpflichtversicherung war deshalb unbegründet.
Kein Schadensersatzanspruch gegen Unfallgegner
- Zwar stehe der Klägerin bei einem Unfall grundsätzlich gem. § 115 I 1 Nr. 1 VVG ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer zu.
- Dieser Direktanspruch setze aber einen Schadensersatzanspruch gegen den Unfallgegner voraus.
Der jedoch lasse sich im Falle gestellter bzw. provozierter Unfälle mangels Vorliegens der gemeinsamen Anspruchsvoraussetzung der Rechtswidrigkeit der Rechtsgutverletzung weder aus §§ 7 I, 18 I StVG noch aus § 823 I BGB herleiten.
(OLG München, Urteil v. 08.09.2017, 10 U 4665/16).
Hintergrund:
Versicherungsbetrug treibt die Versicherungsbeiträge in die Höhe. Sachbearbeiter checken bei der Bearbeitung ihre Fälle systematisch auf Warnzeichen hin ab, die - bei geballtem Auftreten - Unrat wittern lassen. Alarmlichter leuchten z.B. beim Zusammentreffen einiger der folgenden Merkmale auf: Nächtliche Unfälle auf Landstraßen, persönliche Beziehungen zwischen den Beteiligten, Vertragsabschlüsse unmittelbar vor dem Schadensfall, übermäßiges Drängen auf schnelle Schadensregulierung oder erkennbare finanzielle Probleme beim Versicherungsnehmer. Häufen sich in einem Schadensfall solche Merkmale, wird nachgebohrt.
Für einige Versicherungssparten werden sog. „Böse-Buben-Dateien“ für schwarze Schafe geführt. Dass man darin gelandet ist könnte sein, wenn man wiederholt nach Vorversicherern oder früheren Anschriften gefragt wird, Besuch von unbekannte Außendienstmitarbeitern und Sachverständige erhält, nach einigen Verzögerungen plötzlich einen neuen Sachbearbeiter für einen Schadensfall hat und die Versicherung immer noch weitere Unterlagen oder Informationen verlangt.
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