Bankgebühren für die Abhebung von Bargeld sind zulässig
Bereits Mitte des Jahres 2019 hat der BGH entschieden, dass eine Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis für Bareinzahlungen und Barabhebungen am Bankschalter ein Entgelt vorsehen darf (→ BGH zu Gebühren für das Abheben von Geld am Schalter). Die bis dahin geltende Rechtsprechung, nach der ein monatliches Minimum an unentgeltlichen Barauszahlungen und Bareinzahlungen möglich sein muss, hat der BGH mit dieser Entscheidung aufgegeben.
Jede Barauszahlung am Schalter löst laut Sparkassen-AGB Bankgebühr aus
Im konkreten Fall bot die Sparkasse entgeltliche Giroverträge in unterschiedlichen Formen an. Bei einem damaligen monatlichen Grundpreis für das Basis-Girokonto in Höhe von 3,90 Euro sahen die AGB für jede Buchung mit Service (= Buchung am Schalter) ein Entgelt von 2 Euro vor, bei dem Kontomodell Komfort betrug das Entgelt für die gleiche Leistung 1 Euro.
Freipostenregelung nicht mehr erforderlich
Die gegen diese Regelung eingereichte Unterlassungsklage der „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.“ war über sämtliche Instanzen erfolglos. Der BGH gab ausdrücklich seine frühere Rechtsprechung auf, wonach Entgeltklauseln in den AGB der Banken unwirksam sind, wenn sie keine angemessene Freipostenregelung vorsehen. D.h., die Banken mussten nach der Rechtsprechung des BGH ihren Kunden eine monatliche Mindestanzahl an kostenfreien Bareinzahlungen und Barauszahlungen einräumen (BGH, Urteil v. 30.11.1993, XI ZR/80/93; BGH, Urteil v. 7.5.1996, XI ZR 217/95).
Schalterauszahlungen nach neuer Rechtslage gebührenpflichtig
Die Änderung der bisherigen Rechtsprechung begründete der BGH mit den im Jahr 2009 in Kraft getretenen Regelungen zur Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie sowie der im Jahr 2015 in Kraft getretenen Nachfolgerichtlinie. Im Zuge der Umsetzung wurde in den neu eingeführten §§ 675 c, 675 f Abs. 5 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Auftraggeber für von ihm in Anspruch genommene Zahlungsdienste an den Zahlungsdienstedienstleister das vereinbarte Entgelt zu entrichten hat.
Gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 ZAG gehören auch Bareinzahlungen und Barabhebungen zu den üblichen Zahlungsdiensten. Mit Einführung dieser Vorschriften ist daher nach der Entscheidung des BGH die Erhebung eines Entgelts für diese Dienste auch ohne Freipostenregelung zulässig.
Gebührenhöhe unterliegt der richterlichen Inhaltskontrolle
Die neuen gesetzlichen Regelungen ändern nach der Entscheidung des BGH allerdings nichts daran, dass diese Entgeltklauseln im Verhältnis Bank/Verbraucher der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB unterliegen. Deshalb dürfe die Bank Verbraucher durch überhöhte Gebühren für ihre Dienstleistungen nicht unangemessen benachteiligen. Schließlich sei § 312 Abs. 4 Nr. 2 BGB zu beachten, wonach eine Bank bei einer Rückführung oder Teilrückführung eines überzogenen Girokontos durch eine Bareinzahlung seitens des Kunden keine Gebühr erheben dürfe, da der Kunde durch die Einzahlung lediglich eine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Bank erfülle.
Vorinstanz musste Höhe der Gebühr erneut überprüfen
Über die Frage der Angemessenheit der nach den AGB für Barauszahlungen und Bareinzahlungen vorgesehenen Gebühren im konkreten Fall musste die Vorinstanz erneut entscheiden.
(BGH, Urteil v. 18.6.2019, XI ZR 768/17).
Weiter News zum Thema:
OLG erklärt Zustimmungsfiktion zur Erhöhung von Bankgebühren für rechtens
Nicht jede Bearbeitungsgebühr ist rechtswidrig
Bausparkasse darf keine Kontoführungsgebühr verlangen
Hintergrund: Kontogebühren immer wieder auf dem Prüfstand
Auf die Prüfung der Angemessenheit der Höhe von Bankgebühren im Rahmen der richterlichen Inhaltskontrolle legt der BGH grundsätzlich großen Wert. Dies zeigt u.a. die Entscheidung des BGH zur Angemessenheit der Bankgebühren für ein sogenanntes Basis- oder Jedermannkonto. Die Deutsche Bank sah für Basiskonten bisher eine Gebühr in Höhe von 8,99 Euro für grundlegende Kontofunktionen, nämlich das Ein- und Auszahlungsgeschäft, für Lastschriften, Überweisungen und das Zahlungskartengeschäft eine Grundgebühr von monatlich 8,99 Euro vor.
Dies bewertete der BGH als eindeutig zu hoch. Im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit seien gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 ZKG die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen (BGH, Urteil v. 30.6.2020, XI ZR 119/19).
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.307
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7852
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.621
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.563
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.507
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.473
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.328
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.303
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.154
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0021
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024