Umwandlungsrecht: Keine starre Berichtspflicht bei GmbH & Co. KG
Hintergrund
Ein Einzelkaufmann wollte sein kaufmännisches Unternehmen im Wege der Ausgliederung auf eine GmbH & Co. KG übertragen. Alleiniger Kommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war er selbst (sogenannte „Einmann-GmbH & Co. KG“). Zum Zwecke der Ausgliederung schloss der Kaufmann im eigenen Namen und als Vertreter der Komplementärin der GmbH & Co. KG einen notariellen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag. Auf die Vorlage eines umwandlungsrechtlichen Ausgliederungsberichts verzichtete er jeweils für sich selbst und die GmbH & Co. KG. Eine notarielle Beurkundung der Verzichtserklärung erfolgte nicht.
Das Amtsgericht Schwerin lehnte den Antrag auf Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister mit der Begründung ab, es fehle an einem Ausgliederungsbericht der GmbH & Co. KG oder einer notariell beurkundeten Verzichtserklärung der Komplementärin. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kaufmann mit der Beschwerde zum OLG Rostock.
Der Beschluss des OLG Rostock vom 10.02.2021, Az. 1 W 37/20
Die Beschwerde hatte Erfolg. Das OLG Rostock bejahte im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der umwandlungsrechtlichen Berichtspflicht. Zwar sei gesetzlich primär für die OHG geregelt, dass keine Berichtspflicht bestehe, wenn alle Gesellschafter (wie im Regelfall) zur Geschäftsführung befugt seien. Diese Vorschrift sei jedoch dann auf eine GmbH & Co. KG entsprechend anwendbar, wenn alle Kommanditisten der GmbH & Co. KG Geschäftsführer der Komplementär-GmbH seien. So bestehe in diesem speziellen Fall das die Berichtspflicht auslösende Schutz- und Informationsbedürfnis der beteiligten Anteilseigner nicht, da diese sich aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsführer der Komplementärin unproblematisch und umfassend über alle Angelegenheiten der Gesellschaft informieren könnten.
Anmerkung
Grundsätzlich ist für jede an umwandlungsrechtlichen Vorgängen (z.B. Verschmelzungen oder Auf- und Abspaltung) beteiligte Gesellschaft die Erstellung eines umfassenden Berichts vorgeschrieben, der die Anteilseigner der betroffenen Gesellschaften umfassend über die angedachte Umwandlung informieren soll. Ziel der Berichtspflicht ist es, den Anteilseignern die sachgerechte Entscheidung über Zustimmung zur oder Ablehnung der Umwandlung zu ermöglichen. So soll eine „Überrumpelung“ der Anteilseigner vermieden werden. Die aufgrund ihres enormen Umfangs unter Juristen teilweise als „Telefonbücher“ bezeichneten Berichte sind in der Praxis für einen Großteil der Kosten einer Umwandlung verantwortlich.
Der einfachste Weg der Aushebelung der Berichtspflicht ist der Verzicht aller Anteilseigner auf die Erstellung. Aufgrund der Schutzfunktion der Berichtspflicht bedarf ein solcher Verzicht jedoch der notariellen Beurkundung und kommt in der Praxis regelmäßig nur bei überschaubarem Gesellschafterkreis infrage. Von Gesetzes wegen ist ein Bericht außerdem entbehrlich, wenn die aufnehmende Gesellschaft alle Anteile an der übertragenden hält (sogenanntes „Konzernprivileg“). Für Personenhandelsgesellschaften entfällt die Berichtspflicht zudem, wenn alle Gesellschafter der Gesellschaft geschäftsführungsbefugt sind (dies ist der gesetzliche Regelfall bei der OHG).
Ob diese Ausnahme auch für eine GmbH & Co. KG gilt war bisher umstritten. Das OLG Rostock bejaht diese Frage nun für den Fall, dass sämtliche Kommanditisten zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind – mit überzeugenden Argumenten: So folgt die umwandlungsrechtliche Berichtspflicht keinem Selbstzweck, sondern soll vielmehr die umfassende Information schutzwürdiger Anteilseigner sicherstellen. Dieser Zweck entfällt von vornherein, wenn das Informationsbedürfnis nicht besteht, weil alle Kommanditisten – wenngleich auch nur mittelbar über ihre Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin – Zugang zu allen Informationen über die GmbH & Co. KG haben.
Der vorliegende Fall zeigt abermals, dass die umwandlungsrechtliche Berichtspflicht ein zentraler Baustein aller Umwandlungsvorgänge ist. Unternehmen sollten daher stets frühzeitig prüfen, ob für die von ihnen angedachten Vorhaben umwandlungsrechtliche Berichtspflichten bestehen. Diese erhöhen den erforderlichen Aufwand zwar meist erheblich – auf die Erstellung eines umwandlungsrechtlichen Berichts sollte aber nur nach sorgfältiger rechtlicher Prüfung verzichtet werden.
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