Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Patronatserklärung ausländischer Gesellschaften
Hintergrund
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft dänischen Rechts mit Sitz in Dänemark (nachfolgend „AG“). Sie ist Alleingesellschafterin einer deutschen GmbH. Aufgrund finanzieller Engpässe der GmbH beschloss die AG durch Gesellschafterbeschluss eine Einstandspflicht für die Verluste der GmbH und verpflichtet sich, jegliche Verluste der GmbH auszugleichen (harte Patronatserklärung). Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH nahm der Insolvenzverwalter die AG aus der Einstandspflicht in Anspruch und klagte am Sitz der GmbH in Deutschland auf Zahlung.
Das Landgericht wies die Klage mangels internationaler Zuständigkeit ab. Da die AG die Einstandspflicht an ihrem Sitz in Dänemark zu erfüllen habe, seien die dänischen Gerichte zuständig. Hiergegen wandte sich der Insolvenzverwalter mit der Berufung.
Das Urteil des OLG Brandenburg vom 25.11.2020 (Az. 7 U 147/19)
Das OLG Brandenburg wies die Berufung mangels Zuständigkeit zurück. Es verbleibe bei dem Grundsatz, dass die AG als Beklagte vor den Gerichten im Staat ihres Sitzes, also in Dänemark, zu verklagen sei; eine Ausnahme hiervon liege nicht vor. Insbesondere könne sich der Insolvenzverwalter auch nicht auf den sog. „besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes“ (Art. 7 Nr. 1 EuGVVO) in Deutschland berufen. Die Patronatserklärung stelle eine vertragliche Vereinbarung dar. Als solche liege der Erfüllungsort (der Ort, an dem die vertragliche Verpflichtung - hier die Einstandspflicht - zu erfüllen ist), am Sitz der AG. Dies gelte unabhängig davon, ob man die Patronatserklärung als Dienstleistung der AG gegenüber der GmbH oder als schlichte Pflicht zur Zahlung einordne.
Anmerkung
Patronatserklärungen sind ein übliches und beliebtes Mittel, um die Kreditwürdigkeit einer Gesellschaft innerhalb eines Konzerns zu verbessern oder gar eine Insolvenzantragspflicht abzuwenden. Der Patron verpflichtet sich mit einer Patronatserklärung zur Unterstützung der Gesellschaft. Dies kann ohne rechtlich verbindliche Zahlungsverpflichtung erfolgen (sog. „weiche“ Patronatserklärung; O-Ton: „Es entspricht unserer Unternehmensphilosophie, unseren Einfluss dahingehend geltend zu machen, dass Tochtergesellschaften mit hinreichend finanziellen Mitteln ausgestattet sind und bleiben.“) oder mit einer solchen (sog. „harte“ Patronatserklärung; O-Ton: „Wir werden unsere Tochtergesellschaft stets so mit Liquidität ausstatten, dass diese ihre Zahlungsverpflichtungen vollständig und fristgemäß erfüllen kann.“). Rechtlich relevant im Hinblick auf Zahlungspflichten des Patrons, die Wirtschafts- und Finanzsituation der Tochtergesellschaft und hieraus folgende Ansprüche und Pflichten (wie z.B. die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) sind nur harte Patronatserklärungen.
Die Einstandsverpflichtung kann gegenüber der Tochtergesellschaft (als sog. „interne“ Patronatserklärung) abgegeben werden oder gegenüber einem oder mehreren Gläubigern der Tochtergesellschaft (als sog. „externe“ Patronatserklärung). Dies hat u.a. Auswirkungen auf die Zahlungsansprüche der Gläubiger, die sich unmittelbar zunächst einmal nur aus externen Patronatserklärungen ergeben und nur mittelbar als Schadensersatzansprüche wegen Vertragsverletzung oder im Rahmen der Pfändung des Anspruchs der Tochtergesellschaft aus internen Patronatserklärungen.
Dem Patron ist stets anzuraten, die Patronatserklärung der Höhe nach zu begrenzen, um nicht unkalkulierbare Verpflichtungen einzugehen. Bei unbegrenzten Patronatserklärungen wird faktisch der aus einer Rechtsform folgende Haftungsschutz aufgehoben.
Darüber hinaus kann die Patronatserklärung befristet oder gekündigt werden. Damit können die Verpflichtungen aus der Patronatserklärung jedoch nicht in Gänze abgeschüttelt werden, sondern sie beschränken sich nur auf die Verpflichtungen, die bei Beendigung der Patronatserklärung bestanden. Darüber hinaus sind die (negativen) Auswirkungen auf die Tochtergesellschaft bei Beendigung der Patronatserklärung zu bedenken und zu berücksichtigen.
Mit seiner Entscheidung hat das OLG Brandenburg zudem klargestellt, dass der Patron regelmäßig an seinem Sitz zu verklagen ist, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung ist bei einem ausländischen Patron häufig sinnvoll oder gar notwendig. Hierbei zu beachten ist, dass ein Urteil gegen den Patron auch vollstreckt werden können muss. Bei Ansässigkeit in den USA, China oder in andere Jurisdiktionen, in denen Urteile staatlicher Gerichte nur schwer erlangt oder durchgesetzt werden können, ist daher eine Schiedsklausel sinnvoll. Dies gilt es auch für die Tochtergesellschaft zu beachten, die sich auf eine solche Patronatserklärung z.B. zur Abwendung einer Insolvenzantragspflicht stützen will.
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