Werbung einer EU-Firma mit „world’s lightest“ Koffer nach deutschem Recht untersagt
Ein Kofferhersteller und -vertreiber mit Sitz im Ausland, warb
- auf einem deutschen Messestand sowie
- auf seiner Internetseite unter einer „de“-Top-Level-Domain
- unter anderem mit der Aussage „world’s lightest“.
Das war einem britischen Koffer-Konkurrenten ein Dorn im Auge. Er kaufte testweise einige der Koffer, wog, verglich und mahnte ab, denn es gab gleichartige Gepäckstücke von anderen Herstellern, die leichter waren.
Britischer Kläger wählt deutsches Gericht
Mit dieser Erkenntnis zog das Unternehmen sodann vor ein deutsches Gericht, das LG Darmstadt. Das sah sich zuständig und befand die vollmundIge Werbung für wettbewerbswidrig, In zweiter Instanz entschied das OLG Frankfurt a.M. und bestätigte zum großen Teil die Wettbewerbswidrigkeit.
Werden deutsche Kunden angesprochen, kann auch vor deutschen Gerichten geklagt werden
Die Richter befanden sich für zuständig (Art. 7 Nr. 2 EuGVVO). Grund: Mitgliedsstaaten-Unternehmen können an dem Gerichtsort klagen, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Vor dem Brexit war / ist dieser Weg für den britischen Kläger offen. Für den Internetauftritt, wenn auch in englischer Sprache gefasst, war ausschlaggebend, dass die „de“-Domain ein Zeichen dafür war, dass deutsche Kunden angesprochen werden sollten. Bezüglich des Messestandes hat das OLG angenommen, dass sich eine Ausstellung auf einer Messe immer bestimmungsgemäß (auch) auf das jeweilige Land auswirken soll.
Deutsches Wettbewerbsrecht anwendbar
Die Wettbewerbsverstöße wurden materiell-rechtlich nach dem deutschen Lauterkeitsrecht beurteilt (Art. 6 Abs. 1, 2 Rom-II-VO). Auch hier kam es nicht auf das Herkunftsland an, sondern auf den Ort, an dem sich die Interessenkollision auswirkt. In diesem Fall waren das die Wettbewerbsbeziehungen in Deutschland.
OLG interpretiert Bezugnahme auf deutsches Recht in Schriftsätzen als Rechtswahlabrede
Darüber hinaus unterstellte das OLG den Parteien eine nachträgliche, konkludente Rechtswahl (Art. 14 Abs. 1 a Rom-II-VO). Beide Seiten hatten im laufenden Prozess auf das deutsche materielle Recht Bezug genommen. Das reichte den Frankfurter Richtern für die Rechtswahl-Abrede. Voraussehbar oder beabsichtigt war diese Folge von der Beklagtenseite sicherlich nicht.
Schwerer Fehler: „world’s lightest“ Koffer war irreführend und wettbewerbswidrig
Inhaltlich ist die Aussage „world’s lightest“, die auf den auf der Messe ausgestellten Koffern angebracht war, irreführend und damit wettbewerbswidrig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Jeder, der dies liest, geht davon aus, dass diese Gepäckstücke tatsächlich weniger wiegen als die Konkurrenzprodukte. Dies beeinflusst die Kaufentscheidung, weil bei den Gewichtsbeschränkungen im Flugverkehr jedes Gramm zählt.
Das beklagte Unternehmen wollte dem Gericht weismachen, der Verkehr nehme die Angabe als Marke wahr. Aber selbst eine Marke „world’s lightest“ verknüpft man mit der inhaltlichen Sachaussage des geringen Gewichts, so das OLG.
Einflussnahmemöglichkeit auf Tochtergesellschaft begründet Verantwortung
Das Unternehmen versuchte sich noch aus der Verantwortung zu stehlen, indem es meinte, nicht sie selbst, sondern ihr Tochterunternehmen hätte den Messestand betrieben. Da aber die Recherche des Gerichts eine 75 %ige Beteiligung an der Gesellschaft ergab, gelang dies nicht.
Webseiten-Aussage stellt keinen unlauteren Wettbewerb dar
Der Internetauftritt war mit insgesamt drei Slogans gestaltet: „World’s lightest, „It takes anything you can throw at it” und “Trusted quality for generations”. Der Bezug zum konkreten Produkt, sprich zu den einzelnen Koffern, die leichter sein sollten als andere, war den Richtern hier nicht deutlich genug. Insoweit gingen sie den Wettbewerbsverstoß nicht mit.
(OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 14.02.2019, 6 U 3/18).
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Hintergrund: Irreführende Alleinstellungsbehauptung
Eine irreführende Alleinstellungsbehauptung ist gem. § 5 Abs. 1 UWG unzulässig. Du unterscheiden ist dabei, ob es sich um eine zur Irreführung geeignete Tatsachenbehauptung oder um eine reklamehafte Übertreibung handelt, die die angesprochenen Verkehrskreise als solche erkennen und ihre Kaufentscheidung hiervon nicht abhängig machen.
Reklamehafte Übertreibungen und reine Werturteile unterfallen nicht dem Irreführungsverbot, denn sie enthalten keine Angaben i.S.v. § 5 UWG. Ob ein nicht unbeachtlicher Teil der Verbraucher dem Wortsinn einer Superlativwerbung die Behauptung einer Alleinstellung entnimmt, beurteilt sich maßgeblich danach, ob nach der Verkehrsauffassung in der Werbeaussage eine, jedenfalls in ihrem Kern, konkret fassbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung liegt (BGH, Urteil v. 20.04.1989, I ZR 125/87, BGH GRUR 1989, 608, 609 - Raumausstattung).
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