Zum Vergütungsanspruch eines Geschäftsführers nach Abberufung aus wichtigem Grund
Hintergrund
Die Beklagte ist ein Unternehmen, an der zu gleichen Teilen der Kläger, sowie zwei weitere Gesellschafter beteiligt waren. Alle Gesellschafter waren einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer und bei der Beklagten als solche angestellt. Aufgrund erheblicher Differenzen zwischen den Gesellschaftern, kündigte der Kläger im Dezember 2009 seinen Geschäftsführerdienstvertrag zum 31.12.2010. Daraufhin unternahm er verschiedene Maßnahmen, die darauf abzielten, die weiteren Gesellschafter aus dem Unternehmen zu drängen. Erst durch eine einstweilige Verfügung konnten diese Maßnahmen wieder rückgängig gemacht werden. Im Februar 2010 wurde der Kläger daraufhin als Geschäftsführer abberufen. Die zugleich erklärte außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses war jedoch unwirksam, da die Kündigung nicht als Tagesordnungspunkt in der Gesellschafterversammlung vorgesehen war. Die Vergütung des Klägers wurde dennoch eingestellt. Während des noch laufenden Dienstverhältnisses baute der Kläger ein Konkurrenzunternehmen auf. Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung rückständiger Geschäftsführervergütung von März bis Dezember 2010.
Das LG Traunstein hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger sei die Erbringung seiner Arbeitsleistung als Geschäftsführer aufgrund der wirksamen Abberufung unmöglich geworden. Daher sei auch der entsprechende Vergütungsanspruch entfallen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Berufung.
OLG München, Urteil v. 24.03.2016, 23 U 1884/15
Die Berufung des Klägers hatte überwiegend Erfolg. Ein wirksamer Beschluss der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Kündigung liege nicht vor, da die Versammlung hierzu nicht eingeladen war. Auch enthalte der Abberufungsbeschluss nicht zugleich einen Beschluss zur Kündigung. Das Dienstverhältnis sei daher nicht wirksam beendet worden. Aus der rechtlichen Trennung von Organ- und Anstellungsverhältnis folge, dass auch bei einer wirksamen Abberufung als Geschäftsführer der Vergütungsanspruch aus dem entsprechenden Anstellungsverhältnis grundsätzlich erhalten bleibe.
Es träfe zwar zu, dass die Erbringung der Arbeitsleistung als Geschäftsführer durch die Abberufung unmöglich geworden sei. Die Beklagte habe sich seit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer jedoch in Annahmeverzug befunden, sodass der Vergütungsanspruch nach § 615 BGB erhalten bleibe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger den Grund für die fristlose Kündigung selbst gesetzt habe. An die Unzumutbarkeit der Entgegennahme der Dienste seien besonders strenge Anforderungen zu stellen, die vorliegend nicht erfüllt seien. Auch sei der Vergütungsanspruch aufgrund der aufgenommen Konkurrenztätigkeit nicht verwirkt. Der Kläger habe damit zwar eine vertragliche Pflicht verletzt, dies berechtige den Dienstherrn allerdings nicht dazu, die Vergütung zu verweigern. Der Kläger müsse sich jedoch die anderweitig erzielten Verdienste aus dem betreffenden Zeitraum anrechnen lassen (§ 615 S.2 BGB).
Anmerkung
Das vorliegende Urteil des OLG München verdeutlicht, welche Auswirkungen die strikte Trennung zwischen Organ- und Anstellungsverhältnis bei Geschäftsführern haben kann. Diese Trennung sollte daher insbesondere auch bei der Gestaltung von Geschäftsführeranstellungsverträgen beachtet werden. Hier kann es u. U. sinnvoll sein, die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers an das Anstellungsverhältnis zu koppeln. Daneben zeigt das Urteil, wie wichtig die ordnungsgemäße Einberufung von Gesellschafterversammlungen ist. Die erforderlichen Formvorschriften sind streng zu beachten: Hierzu gehören z.B. die Einladungsfristen sowie die rechtzeitige und vollständige Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte.
Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies; Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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