Arbeitsunfähigkeit: Erste Digitalisierungsansätze

Seit Jahren wird die Digitalisierung der elektronischen AU-Bescheinigung (eAU) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vorangetrieben. Aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlagen oft noch ohne Erfolg. Neben ersten Pilotprojekten bei den Krankenkassen drängen nunmehr auch weitere Startups auf den Markt mit der AU-Bescheinigung.

Die Lockerung des Fernbehandlungsverbots macht es nunmehr möglich, dass auch erste Startups außerhalb der GKV Digitalisierungsprojekte angehen. Am Beispiel der elektronischen AU-Bescheinigung zeigt sich jedoch, dass die Betrachtung des Nutzens für die Versicherten nicht die einzige Maxime sein kann.

Digitalisierung im Gesundheitswesen: Fragliches Startup

Seit Ende des letzten Jahres wird nunmehr im Internet ein neuer Dienst angeboten, welcher bei Erkältungskrankheiten eine AU-Bescheinigung ohne Arztbesuch verspricht. Für 9 EUR werden auf AU-Schein.de die Symptome abgefragt, auf deren Basis dann eine AU-Bescheinigung erstellt und vorab per Whats-App übermittelt wird. Neben datenschutzrechtlichen Problemstellungen bei Übermittlungen über Whats-App ist jedoch sicherlich die fehlende tatsächliche Untersuchung via Videokonferenz oder sonstigen Medien das fragwürdigste an diesem Angebot. So spart man zwar sicherlich die Zeit im Wartezimmer bei der Nutzung des Angebots ein, in wie weit die ausgestellten Bescheinigungen jedoch von den Arbeitgebern und Krankenkassen anerkannt werden, erscheint jedoch sehr fraglich. Zumindest ein schlechtes Gefühl wird einem Nutzer kaum genommen werden können, zumal die Erstattung der entstehenden Kosten durch die Krankenkassen ausgeschlossen ist.

Nicht die Ziele der Digitalisierung aus dem Auge verlieren

Durch die Digitalisierung sollen bisher bestehende Papierverfahren für die Verfahrensbeteiligten erleichtert werden, indem bürokratische Belastungen durch Optimierung der Prozesse und Ver-meidung von Medienbrüchen beseitigt werden. Durch Modelle, welche ausschließlich Profit durch die Nutzung von vermeintlichen gesetzlichen Nischen im Visier haben, wird hingegen dieses Ziel erschwert. Wichtig ist es daher, bei der Neugestaltung der Verfahren die Qualitätsstandards und grundsätzlichen Verständnisse beizubehalten. Denn nur mit Vertrauen in die digitalen Lösungen und daher Unterstützung der Nutzer können auch weitere Belastungen kurzfristig angegangen werden.

Die elektronische AU-Bescheinigung

Neben den Startups wird jedoch nun auch die Politik im Bereich der eAU tätig. So enthält der aktu-elle Gesetzesentwurf zum Terminservice und Versorgungsgesetz (TSVG) erste Ansätze für eine eAU. So sollen ab dem 1.1.2021 die Ärzte die AU-Bescheinigung direkt und digital an die Kranken-kassen übermitteln. Die bisherige postalische Übermittlung durch die Versicherten an die Kranken-kasse entfällt.

Weitere Schritte aktuell in Bewertung

Zum TSVG liegen aktuell weitere Änderungsanträge vor, die insbesondere auch die Bescheinigung an den Arbeitgeber adressieren. So sollen sich die Arbeitnehmer zwar weiterhin beim Arbeitgeber krank melden müssen, aber die bisherige Übermittlungsverpflichtung entfallen. Der Arbeitgeber wird hingegen aufgrund der Meldung tätig und fordert die Dauer der AU digital bei der Krankenkas-se an. Die bisherige Übermittlung der AU-Bescheinigung durch die Versicherten ist damit nicht mehr erforderlich. Gleiches soll auch für Arbeitslose durch die Arbeitsagenturen und Jobcenter nachvollzogen werden.

Politisch müssen die Änderungen gewollt sein

Alle guten Vorschläge können ihr Potential jedoch nur dann entfalten, wenn die gesetzlichen Wei-chen entsprechend gestellt werden. Bleibt daher nur zu hoffen, dass die Politik sich offen gegen-über den Änderungsvorschlägen zeigt und diese im Endspurt noch ins TSVG integriert. Eine solche umfassende eAU hätte ein erhebliches Potential zur Nachnutzung für weitere Verfahren und könnte die Digitalisierung im Gesundheitswesen daher erheblich voranbringen und beschleunigen.