Ärzte haften bei Behandlungsfehler nicht immer
Grundsätzlich gilt: Wer Fehler macht, haftet dafür - auch die „Götter in Weiß“. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie das aktuelle Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz v. 27.8.2012 zeigt (5 U 1510/11). Obwohl es noch nicht rechtskräftig ist, sorgt das Urteil schon für Furore. Denn trotz einer fehlerhaften medizinischen Behandlung kann die Haftung des Arztes ausgeschlossen sein.
Bissverletzung beim Zweikampf
Im verhandelten Sachverhalt ging es um einen Berufsfußballer, der in einem Spiel eine Bissverletzung erlitt. Verursacht wurde die Wunde bei einem heftigen Zweikampf durch die Schneidezähne seines Gegenspielers. Der erstversorgende Arzt hatte die Wunde lediglich vernäht und den Kläger zur weiteren Untersuchung ins Krankenhaus überwiesen. Dort wurden ihm dringend empfohlen, die Naht zu öffnen und die eine antibiotische Therapie durchzuführen. Das lehnte der Kläger ab. Die Verletzung führte dann im weiteren Verlauf zu einem irreparablen Schaden, der das Karriere-Ende des Fußballspielers bedeutete.
Die fehlerhafte Erstversorgung steht außer Frage
Der Kläger warf dem erstbehandelnden Arzt vor, ihn nicht fachgerecht behandelt zu haben. Die Erstversorgung der Wunde durch Vernähen sei grob fehlerhaft gewesen. Wegen des bleibenden Schadens verlangte er u. a. Schmerzensgeld in Höhe von 75.000 EUR, eine monatliche Rente von 200 EUR und Verdienstausfall in Höhe von ca. 1,33 Mio. EUR.
Fehlende Mitwirkung verhindert Haftung
Doch damit blieb der Ex-Profi erfolglos. Zwar lag bei der Erstbehandlung nach Auffassung des OLG ein grober Behandlungsfehler vor. Bei einer menschlichen Bissverletzung verbiete die mögliche Wundinfizierung durch Bakterien das sofortige Vernähen der Wunde. Allerdings komme eine Haftung des Arztes trotzdem nicht in Betracht, da der Kläger die dringende Empfehlung des weiterbehandelnden Arztes zur Öffnung der Wunde und einer Antibiotikatherapie nicht befolgt habe. Er sei ausdrücklich auf die drohenden Folgen hingewiesen worden.
Folgeschaden selbst verursacht
Dennoch habe sich der Kläger bewusst dagegen entschieden. Damit habe er selbst eine derart gravierende Ursache für seine Knieverletzung gesetzt, dass eine Haftung des erstbehandelnden Arztes nicht mehr angenommen werden kann.
Schadensminderungspflicht verhindert auch Kassenregress
Aus diesem Urteil ergibt sich eine klare Verpflichtung: Der Patient muss mitwirken, wenn er damit den Schaden mindern kann (Schadensminderungspflicht). Das gilt auch bei groben Behandlungsfehlern, wie das Urteil deutlich zeigt. Diesen Haftungsausschluss werden auch Krankenkassen beachten müssen, wenn sie einen Arzt wegen eines Behandlungsfehlers in Regress nehmen wollen.
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