Behandlungsfehler: Apothekerhaftung bei überdosiertem Medikament

Ein Arzt verordnet irrtümlich das falsche Medikament - der Apotheker gibt das im Rezept verschriebene Medikament heraus. Solche Behandlungsfehler können passieren. Doch wer haftet für den Gesundheitsschaden des Patienten?

Der Apotheker haftet genauso wie der Arzt für den Gesundheitsschaden des Patienten. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einer am 28.8.2013 veröffentlichten Grundsatzentscheidung zur Haftung von Apothekern festgelegt (Urteil v. 7.8.2013, 5 U 92/12).

Gibt ein Apotheker ein vom Arzt falsch verschriebenes Medikament aus und der Patient erleidet einen gesundheitlichen Schaden, liegt die Beweislast beim Apotheker: Er muss beweisen, dass am Gesundheitsschaden nicht die Fehlmedikation schuld ist.

Behandlungsfehler: Beweislast liegt beim Verursacher

Mit dem OLG-Urteil wurde erstmals die bei Ärzten schon geltende Beweislast auch auf Apotheker übertragen. Damit wurde eine bislang ungeklärte Frage zur Haftung geklärt. Der Zivilsenat ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung eine Revision beim Bundesgerichtshof zu.

Überdosiertes Medikament verordnet

Der behandelnde Arzt hatte 2006 einem Baby mit Down-Syndrom im Vorfeld einer geplanten Herzoperation ein herzstärkendes Medikament verordnet. Aus dem Rezept gab er versehentlich eine 8-fach überhöhte Dosierung an. Der Apotheker erkannte den Fehler nicht und gab die Arznei aus.

Schadensersatz und Schmerzensgeld für Gesundheitsschaden durch Überdosierung

Wenige Tage nach der Einnahme des Medikaments in der verordneten Menge erlitt das Baby einen Herzstillstand. Es folgte eine über 50 Minuten dauernde Reanimation. Dabei wurde das Gehirn des Babys geschädigt, ein Darmschaden und erhebliche Entwicklungsstörungen ausgelöst.

Die Eltern forderten von Arzt und Apotheker Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von mindestens 200.000 EUR.

Schwerer Fehler des Apothekers

Das Kölner Landgericht gab der Klage überwiegend statt. Das OLG bestätigte die Verurteilung des beklagten Arztes und Apothekers. Ein solcher Fehler dürfe einem Apotheker nicht unterlaufen. Der Apotheker hätte bei diesem hochgefährlichen Medikament in besonderer Weise Sorgfalt walten lassen müssen. Da die Medikamentenüberdosierung aus dem Alter des Patienten zu erschließen gewesen sei, handle es sich um einen großen Fehler.

Die OLG-Richter ließen die Höhe des Schmerzensgeldes noch offen.

Einfacher und grober Behandlungsfehler werden unterschieden

Bei Ärzten gilt schon seit langem: Liegt nur ein einfacher Behandlungsfehler vor, muss der Patient beweisen, dass ein Schaden auf fehlerhafter Behandlung beruht. Bei einem groben Behandlungsfehler wird dagegen angenommen, dass er die Ursache für den Schaden ist.

Das OLG hat diese Praxis bei ärztlichen Behandlungsfehlern nun übertragen: Arzt und Apotheker müssten beweisen, dass die Entwicklung des Kindes nicht auf die überhöhte Dosierung, sondern auf das Down-Syndrom zurückzuführen ist. Dies sei jedoch Arzt und Apotheker nicht gelungen.

dpa