Krankenkassen fordern Reform der Psychotherapie
Die psychotherapeutische Versorgung ist noch nicht überall so, wie es wünschenswert wäre, kritisiert der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband). In manchen Regionen sind deutlich mehr Psychotherapeuten tätig, als benötigt werden, allerdings fehlen in anderen Regionen Psychotherapeuten. Auch die Wahl der Therapierichtung erfolgt oft nach dem Zufallsprinzip, z. B. einem freien Therapieplatz, anstatt über eine fachlich begründete Auswahl.
Lösungsvorschläge für eine Reform der Psychotherapie
Ausgehend von dieser Problemstellung hat der GKV-Spitzenverband ein Reformpapier mit konkreten Lösungsvorschlägen beschlossen. „Weniger Bürokratie, orientierende Sprechstunden für die Patienten und ein Ende der Genehmigungspflicht für die Kurzzeittherapie sollen die Versorgung besser machen und die Wartezeiten verkürzen“, so Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Einfacherer Zugang zur Kurzzeittherapie
Die ambulante Psychotherapie ist bislang an sehr eng gefasste Antrags- und Bewilligungsschritte gebunden. Je nach Psychotherapie-Verfahren werden eine bestimmte Anzahl an Behandlungsstunden durch den Versicherten beantragt und – ggf. nach Prüfung durch einen Gutachter – von der Krankenkasse bewilligt.
Der Reform-Vorschlag sieht vor, Anreize zur Erbringung von sogenannten Kurzzeittherapien zu schaffen, indem auf das Antrags- und Bewilligungsverfahren in diesem Segment verzichtet wird. Der Versicherte kann das Angebot direkt über seine Versichertenkarte (eGK) in Anspruch nehmen; der Therapeut wird von einer Berichtspflicht bei Kurzzeittherapie generell befreit. Eine Kurzzeittherapie ist auf 22 Therapiestunden angelegt.
Unverändertes Verfahren bei der Langzeittherapie
Die Förderung der sogenannten Kurzzeittherapie soll dabei nicht zu Lasten der Langzeittherapie gehen. Nach wie vor ist es möglich, aus der Probatorik direkt in die individuelle Langzeittherapie, beispielsweise eine Psychoanalyse, überzuleiten und diese dann – nach Gutachterbefürwortung - im bisher möglichen Stundenumfang von bis zu 300 Therapiestunden durchzuführen. Bei den Regeln und der bisherigen Praxis für die Genehmigung und Durchführung von Langzeittherapien sind keine Änderungen geplant.
Neu: Sprechstunde beim Psychotherapeuten
Patienten, die eine Psychotherapie benötigen, geraten heute eher zufällig an eine bestimmte Therapierichtung. Ob jedoch eine Verhaltenstherapie, eine tiefenpsychologische Behandlung, eine Psychoanalyse oder etwas ganz anderes der richtige Weg ist, zeigt sich in der Regel erst zu Beginn einer Behandlung. Damit der Versicherte auch das jeweils richtige, d. h. seiner Erkrankung adäquate Behandlungsangebot erhält, ist eine orientierende Sprechstunde bei einem Psychotherapeuten vor Beginn einer Behandlung vorgesehen. In der Sprechstunde soll sich der Patient über die verschiedenen Therapieformen informieren. Daneben soll herausgefunden werden, ob eher eine stationäre oder medikamentöse Behandlung nötig oder eine Selbsthilfegruppe geeignet wäre.
Einführung einer Reflektionsphase
Psychotherapie ist keine Krisenintervention, sondern auf einen langfristigen Behandlungserfolg ausgerichtet. Dazu ist eine "Mindestwartezeit" zwischen einem ersten und dem darauf folgenden Stundenkontingent, also nach der 12. Therapiestunde, vorgesehen. In dieser Reflektionsphase kann der Patient die Sinnhaftigkeit des Lösungsweges psychotherapeutische Behandlung überdenken.
Denn nach Beschreibung vieler Psychotherapeuten findet Psychotherapie ganz wesentlich als Auseinandersetzung des Patienten mit sich und seiner Situation zwischen den Sitzungen statt. Auswertungen von Daten der Krankenkassen zeigen zudem: In vielen Fällen reduziert sich nach einer initialen Phase mit hoher Sitzungsfrequenz die Häufigkeit des Aufsuchens eines Psychotherapeuten oder die Therapie kann ggf. erfolgreich abgeschlossen werden.
"Die 6-wöchige Wartezeit zwischen den beiden Therapiephasen ist eine kurze Zeit des Innehaltens und der Reflektion des Therapeuten wie auch des Patienten darüber, ob der eingeschlagene Weg wirklich der richtige ist", so v. Stackelberg.
Förderung der Gruppenpsychotherapie
Bisher werden lediglich 2 bis 3 % aller ambulanten Therapien als Gruppentherapien durchgeführt; im stationären Kontext sind Gruppen der Standard. Wir wollen das Angebot an Gruppenpsychotherapie im ambulanten Bereich verbessern. Zum einen sollen gruppentypische Wirkfaktoren genutzt werden, zum anderen kann damit in kürzerer Zeit mehr Versicherten geholfen werden.
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