Überblick


Erbschaftsteuerreform Hintergrund

Nach viel Hin und Her wurde im Herbst die Erbschaftsteuerreform 2016 umgesetzt. Prof. Dr. Lars Zipfel hat die gesamte Reform unter die Lupe genommen und untersucht, welche Vor- und Nachteile die Änderungen für Unternehmensnachfolgen bringen.

Mehr als 3 Monate nach Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gesetzten Frist zur Neufassung des Erbschaftsteuerrechts stimmte am 14.10.2016 nach dem Bundestag auch der Bundesrat mehrheitlich der Erbschaftsteuerreform zu.

Ein erster Anlauf scheiterte am Bundesrat, der am 8.7.2016 das Gesetz in der am 30.6.2016 vom Bundestag beschlossenen Fassung ablehnte und den Vermittlungsausschuss anrief.

Seit dem 22.9.2016 liegt nun das Vermittlungsergebnis vor, nachdem das BVerfG öffentlichkeitswirksam angekündigt hatte, sich erneut mit der Erbschaftsteuer zu beschäftigen, falls der Gesetzgeber nicht schleunigst eine Anpassung des Erbschaftsteuerrechts an die Vorgaben der BVerfG-Entscheidung vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, BStBl 2015 II S. 50) vornimmt.

Der Kompromiss des Vermittlungsausschusses hat den Bundestag am 28.9.2016 passiert.

Rückwirkende Anwendung des neuen Rechts ab dem 1.7.2016

Obwohl das Gesetzgebungsverfahren erst Mitte Oktober im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen hat, bleibt es bei einer rückwirkenden Anwendung der Neuregelungen für alle Erwerbe nach dem 30.6.2016, d. h. ab dem 1.7.2016. Diese rückwirkende Anwendung des neuen Rechts ist zumindest verfassungsrechtlich zweifelhaft, da das BVerfG in seiner Entscheidung vom 17.12.2014 angeordnet hat, dass bis zu einer Neuregelung das derzeitige Recht weitergelten soll.

Die endgültige Gesetzesfassung behält grundsätzlich das ursprüngliche Konzept des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bei. Unverändert gilt damit, dass die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen künftig nur noch auf das neu definierte begünstigte Unternehmensvermögen in Anspruch genommen werden können, während das nicht begünstigte Unternehmensvermögen in vollem Umfang in die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage eingeht.

Beibehaltung des Grundkonzepts mit Änderungen im Detail

Die derzeitige Grundkonzeption der Verschonungsregelung für begünstigtes Unternehmensvermögen mit der Gewährung eines Verschonungsabschlags von 85 % (Regelverschonung) bzw. von 100 % (Optionsverschonung) und eines Abzugsbetrags von maximal 150.000 EUR bleibt grundsätzlich erhalten. Durch den Vermittlungsausschuss wurde wieder eine Verwaltungsquote eingeführt, die für die Inanspruchnahme der Optionsverschonung eingehalten werden muss. Konkret darf für die Anwendung der Optionsverschonung maximal eine Verwaltungsvermögensquote von 20% vorliegen.

Ebenfalls neu ist die Einführung eines Vorab-Abschlags, der bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auf das begünstigte Vermögen in Abzug gebracht werden kann. Auch hier hat der Vermittlungsausschuss noch Detailänderungen vorgenommen. Zudem wurde eine weitere Stundungsmöglichkeit auf die Zahlung der Erbschaftsteuer eingeführt, die auf das begünstigte Vermögen entfällt.

Ferner bleibt es auch in der finalen Gesetzesfassung bei den vorgesehenen Verschonungsregelungen für Erwerber von Großvermögen. Diese können in Zukunft zwischen der Inanspruchnahme eines sich mit zunehmenden Vermögen abschmelzenden Verschonungsabschlags (§ 13c ErbStG-neu) und einem Steuererlass unter Anrechnung des Privatvermögens (§ 28a ErbStG-neu) wählen.

Zudem wird bei der Ermittlung des begünstigten Vermögens wieder auf den Verwaltungsvermögenstest zurückgegriffen, der allerdings an die Vorgaben der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung angepasst wird. Detailänderungen, unter anderem beim Finanzmitteltest hat der Vermittlungsausschuss noch vorgenommen. Weiterhin wurde eine Investitionsklausel eingeführt, wonach rückwirkend das Verwaltungsvermögen gemindert werden kann.

Außerdem bleibt es bei der Minderung der Beschäftigtengrenze, ab der die Lohnsummenregelungen zu beachten sind. Auf der Bewertungsebene wurde im vereinfachten Ertragswertverfahren der anzuwendende Kapitalisierungsfaktor verändert. Dieser beträgt künftig – ebenfalls nochmals durch den Vermittlungsausschuss geändert - einheitlich 13,75.