§ 398a AO lautet bislang:
"In Fällen, in denen Straffreiheit nur deswegen nicht eintritt, weil der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt (§ 371 Absatz 2 Nummer 3), wird von der Verfolgung einer Steuerstraftat abgesehen, wenn der Täter innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist
- die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern entrichtet und
- einen Geldbetrag in Höhe von 5 Prozent der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse zahlt."
Damit wird bei einer Hinterziehung von Steuern nicht erst über 50.000 EUR, sondern schon über 25.000 EUR pro Veranlagungsjahr und Steuerart ab dem 1.1.2015 der Zuschlag fällig. Dabei werden nicht die Steuern aus dem Berichtigungsverbund der Selbstanzeige addiert, also nicht die Steuern aus allen Steuerarten oder aus allen Veranlagungszeiträumen addiert, sondern es zählt jedes Jahr und jede Steuerart isoliert (Jäger in Klein, AO-Kommentar, 11. A., § 398a RN 37).
Wird also bei einer Selbstanzeige wegen Einkommensteuerhinterziehung (z. B. wegen nicht erklärter Kapitaleinkünfte im Ausland), die ab dem 1.1.15 beim zuständigen Finanzamt eingereicht wird, in einem oder mehreren Veranlagungszeiträumen die 25.000 EUR-Grenze überschritten, so entsteht Straffreiheit für die übrigen Veranlagungszeiträume, wenn die Selbstanzeige wirksam und vollständig ist. Die Straffreiheit ist ausgeschlossen, in denen die Steuer die 25.000-EUR-Grenze überschreitet. Der Täter wird hier nicht straffrei, sondern hat lediglich einen Anspruch auf Einstellung des Verfahrens, wenn er neben den hinterzogenen Steuern einen weitergehenden Betrag (Zuschlag) nach § 398a AO zahlt. Letztlich ist der Unterschied zwischen Straffreiheit und dem Verfolgungshindernis für den Steuerpflichtigen nicht spürbar: er spürt allerdings den Zuschlag nach § 398 a AO, der neben den Steuern und Zinsen (§ 235 AO) zu zahlen ist.
Die Höhe des Strafzuschlags ist zukünftig gestaffelt: Bei einer Selbstanzeige über einen hinterzogenen Betrag von 25.000 EUR bis 100.000 EUR sind 10 % fällig. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 100.000 EUR sind es 15 % und über 1 Mio. EUR Steuern 20 %.
Beispiel 1:
In der Selbstanzeige sind die nicht erklärten Einnahmen für die VZ 2008-2012 genannt. In 2008 ergibt sich eine Steuerschuld von 50.000 EUR, in 2009 von 60.000 EUR in 2010 von 120.000 EUR, in 2011 von 24.000 EUR und in 2012 von 26.000 EUR.
Ist die Selbstanzeige bis zum 31.12.14 eingereicht, ist § 398 a AO in der alten, bisherigen Fassung anwendbar. Auch wenn die Selbstanzeige erst beim Finanzamt in 2015 bearbeitet wird, gilt wegen des Eingangs der Selbstanzeige in 2014 das alte Recht. Da nur in 2009 und 2010 die 50.000 EUR-Grenze überschritten wird, ist nur hierfür der Strafzuschlag fällig. Dabei sind die bisherigen 50.000 EUR bzw. künftigen 25.000 EUR kein Freibetrag, sondern die hinterzogene Steuer in diesem VZ ist Bemessungsgrundlage für den Zuschlag, der aufgrund separaten Bescheides an die Staatskasse zu zahlen ist. Damit wären nach altem Recht in 2014 für 2009 ein Zuschlag von 3.000 EUR und 2010 ein Zuschlag von 6.000 EUR zu den Steuern und Zinsen in Höhe von 0,5 pro Monat (= 6 % p. a.) zu zahlen. Für 2008 gäbe es keinen Strafzuschlag, da die Steuerschuld nicht 50.000 EUR überschreitet.
Bei demselben Sachverhalt, allerdings erst in 2015 angezeigt, entstehen Strafzuschläge für 2008 in Höhe von 5.000 EUR, für 2009 in Höhe von 6.000 EUR, für 2010 sind es 18.000 EUR, für 2011 wären es 0 EUR und für 2012 wären es 2.600 EUR.
Diese Selbstanzeige bis zum 31.12.14 abgegeben verteuert sich dabei bei einer Abgabe in 2015 allein bei den Strafzuschlägen in diesem Beispielsfall von 9.000 EUR auf 31.600 EUR.
Teilnehmer und Mittäter
Wichtig ist, dass der Zuschlag nach Auffassung der Verwaltung (wie bisher) auf alle Teilnehmer und Mittäter anzuwenden ist (Roth, NZWiSt 2012, 23; Jäger in Klein, AO-Kommentar, 11. A., § 398a RN 50). Wird also eine Umsatzsteuervoranmeldung einer AG berichtigt und sind die Grenzen des § 398a AO überschritten, so hat jeder Teilnehmer/Mittäter den Zuschlag zu zahlen, was dazu führen kann, dass neben dem Prokuristen, dem Abteilungsleiter Steuern und dem Finanzvorstand ggf. im Wiederholungsfall ggf. der gesamte Vorstand den Zuschlag zahlen soll, damit das Strafverfolgungshindernis bei jedem Teilnehmer individuell entsteht, ansonsten gegen den nicht den Zuschlag zahlenden Teilnehmer die Tat als Steuerhinterziehung verfolgt werden kann.
Beispiel 2:
Eine AG übermittelt die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2014. Die Voranmeldung wird wegen zahlreicher Beteiligungen im Konzern mehrfach korrigiert. Die Zahllast verdoppelt sich aufgrund verschiedener Korrekturen von 1 Mio EUR auf 2 Mio EUR.
Wollte man in den Korrekturen Selbstanzeigen sehen, wären es möglicherweise Teilselbstanzeigen und alle nicht wirksam, da die vollständige steuerartenspezifische Korrektur in § 371 I AO Voraussetzung für die Straffreiheit ist und die 2. Korrektur selbst belegt, dass die 1. nicht vollständig war und umgekehrt. Jäger jedenfalls will dann alle Teilselbstanzeigen als unwirksam, weil unvollständig behandeln (Jäger in Klein, AO-Kommentar, 11. A., § 371 RN 24), wobei es nach Auffassung von Rolletschke nicht darauf ankommen soll, ob die Selbstanzeigen bewusst oder unbewusst unvollständig abgegeben wurden (GJW/Rolletschke, § 371 AO, RN 177).
Damit wäre, unterstellt, Prokurist, Steuerabteilungsleiter und Finanzvorstand wären verantwortlich, von diesen 3 Personen der Zuschlag nach § 398 a AO in Höhe von derzeit 5 % auf 1 Mio EUR, mithin 50.000 EUR pro Nase zu zahlen. Die AG dürfte nicht einmal diesen Betrag zahlen, da es sich um eine persönlich zu zahlenden Zuschlag zur Erlangung des Verfolgungshindernisses handelt und wenn man eine wirksame Selbstanzeige annimmt. Ginge man mit Jäger von einer insgesamt unwirksamen Selbstanzeige aus, wäre das Strafverfaheren gegen die 3 Personen zu führen, wobei Haftstrafen zur Bewährung bei Hinterziehungen unterhalb einer Mio EUR zwar bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe möglich sind, bei Hinterziehungsbeträgen darüber hinaus nur bei Vorliegen ganz besonderer Milderungsgründe vorstellbar sind (BGH, Urteil v. 2.12.2008, 1 StR 416/08).
Dieser Fall nach der Änderung würde zu Zuschlägen nach § 398a AO bei den 3 Handelnden von je 150.000 EUR führen, wenn man noch eine wirksame Selbstanzeige annähme.
Einigkeit besteht wohl unter den Finanzministern von Bund und Ländern, dass die Voraussetzungen für die Straffreiheit bzw. Nichtverfolgbarkeit aufgrund von Selbstanzeigen erschwert und vor allem verteuert werden. Davon, dass die Selbstanzeige ganz abgeschafft werden soll, wie von einigen Parlamentariern wohl zunächst gefordert, wird allerdings offenbar derzeit nicht mehr gesprochen.