Bislang fallen steuerliche und steuerstrafrechtliche Verjährungsfristen auseinander: Nach § 169 Abs, 2 AO können im Fall der Hinterziehung Steuern bis zu 10 Jahre rückwirkend geändert werden, wobei die Anlaufhemmung nach § 170 AO noch 1 bis 3 Jahre hinzukommen lässt, je nach damaligem Abgabeverhalten. Die Anlaufhemmung soll aber wohl bislang bei der Verlängerung der Verfolgungsverjährungsfristen nicht mit umfasst werden.
Im Steuerstrafrecht beträgt im Fall des § 320 AO die Verfolgungsverjährungsfrist bislang - ebenso wie bei den sonstigen, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedrohten Vermögensstraftaten (etwa beim Betrug, § 263 StGB) - fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Die gleiche Frist gilt für die Fälle der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 378 AO). Die Verfolgung der einfachen Steuerhinterziehung und der Steuerordnungswidrigkeit nach§ 378 AO sind einander gleichgestellt, dies gilt auch für die Unterbrechungswirkungen (§ 376 Abs. 2 AO). In den in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr.1 bis 5 AO beschriebenen besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist nach der Änderung des Gesetzes nunmehr zehn Jahre, § 376 Abs. 1 i .V. m. 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO.
Da der BGH ist seinem Urteil vom 02.12.2008 (1 StR 416/08) die Strukturähnlichkeit der Steuerhinterziehung zum Betrug herausgestellt hat. Ist dann aber die unterschiedlich lange Verjährungsfrist beim Betrug einerseits von 5 Jahren und bei der Steuerhinterziehung von 10 Jahren möglichweise ein unerträglicher System- und Wertungswiderspruch. Gleichwohl ist es derzeit Wille der Länderfinanzminister, die Verjährungsfristen auch bei der einfachen Steuerhinterziehung auf 10 Jahre anzuheben.
Gesetzestechnisch könnte man hier § 371 AO verändern. § 371 AO lautet derzeit wie folgt wörtlich:
"(1) Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft.
(2) Straffreiheit tritt nicht ein, wenn
1. bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftaten vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung
a) dem Täter oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 bekannt gegeben worden ist oder
b) dem Täter oder seinem Vertreter die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben worden ist oder
c) ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung, zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist oder
2. eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste oder
3. die nach § 370 Absatz 1 verkürzte Steuer oder der für sich oder einen anderen erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil einen Betrag von 50 000 Euro je Tat übersteigt.
(3) Sind Steuerverkürzungen bereits eingetreten oder Steuervorteile erlangt, so tritt für den an der Tat Beteiligten Straffreiheit nur ein, wenn er die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern innerhalb der ihm bestimmten angemessenen Frist entrichtet.
(4) Wird die in § 153 vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsmäßig erstattet, so wird ein Dritter, der die in § 153 bezeichneten Erklärungen abzugeben unterlassen oder unrichtig oder unvollständig abgegeben hat, strafrechtlich nicht verfolgt, es sei denn, dass ihm oder seinem Vertreter vorher die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der Tat bekannt gegeben worden ist. Hat der Dritte zum eigenen Vorteil gehandelt, so gilt Absatz 3 entsprechend."
Würde man in Absatz 1 nach dem Wort "allen" und vor dem Wort "unverjährten" das Wort "steuerlich" einfügen, würde der Satz lauten:
"Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen steuerlich unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, …",
wäre der gewünschte Gleichklang zwischen steuerlicher und strafrechtlicher Verjährung hergestellt. Man ist aber wohl gedanklich an der Änderung der allgemeinen Verjährungsvorschriften in § 78 StGB, wobei dann das BMJ der gewünschten Änderung zustimmen muss. Systematisch wäre dann die Verfolgungsverjährung für Steuerstraftaten zwar nicht mehr im StGB, sondern dann in § 371 AO geregelt - allerdings ist die verlängerte Verfolgungsverjährung nach § 376 Abs. 2 AO auch systematisch nicht im StGB angesiedelt.
Gleichgültig wie der Gleichlauf der Verjährungsfristen nun technisch hergestellt wird, er wird kommen. Damit wird bei der vorsätzlichen Hinterziehung auch der Berichtigungsverbund bei der Selbstanzeige von 5 auf 10 bzw. ggf. zuzüglich der Anlaufhemmung auf 11-13 Jahre erweitert. Damit wird die Selbstanzeige insgesamt wesentlich verteuert, da Teilselbstanzeigen unwirksam sind und damit bei Dauersachverhalten die Berichtigung 10 bzw. 11-13 Jahre umfassen muss um Straffreiheit zu erlangen und die einzelnen Jahre, je nach dem, welche Steuern die Hinterziehung auslöst mit erheblichen Strafzuschlägen belegt sein kann.
Es wird sich damit künftig umso mehr die Frage stellen, ob sich der Steuerpflichtige die Selbstanzeige noch leisten kann – oder will. Damit verbunden ist die Frage, ob mit der geplanten Verteuerung der Selbstanzeige ab 2015 diese wieder zurückgehen und es mehr Strafverfahren geben wird