Fazit


Investmentsteuerreformgesetz Fazit

Nach der ersten Analyse sieht das InvStRefG eine Abkehr von dem Transparenzprinzip vor, welches Deutschland lange Jahre konsequent bei der steuerlichen Behandlung von Fonds gefolgt ist. Dieses Prinzip war auch der Vorreiter für viele andere Staaten und deren Behandlung von Einkünften aus Fondsvehikeln (vgl. nur U.K und der sog. "Reporting Funds Status"). Die Einführung von Steuern auf der Ebene des Fonds kann auch ein Weg sein, eine Vermögensteuer im Bereich der Kapitalsammelvehikel einzuführen (was dann auch wieder europaweit als Muster dienen könnte).

Schon seit 2011 wird von der Finanzverwaltung die Idee einer grundlegenden Neukonzeption der deutschen Fondsbesteuerung gefordert. Dieses hehre Ziel der Vereinfachung der Investmentbesteuerung vor Augen, wurde der Gesetzgebungsprozess konsequent vorangetrieben: Anstelle der aktuellen 33 Besteuerungsgrundlagen sind zukünftig nur noch vier Kennzahlen notwendig. Befremdlich erscheint es dennoch, dass der Umfang der Regelung im geplanten neuen InvStG trotz der annoncierten und angestrebten Vereinfachung immer weiter anwächst. 

Hervorzuheben sind neben der Einführung eines Mindesthaltezeitraums, um sog. "Cum/Cum-Geschäfte" zur Umgehung der Dividendenbesteuerung zu unterbinden, auch wichtige Änderungen, um Belastungen für Altersvorsorgeeinrichtungen zu verringern. Um diese Geschäfte zu verhindern, macht der Regierungsentwurf die Anrechenbarkeit der auf Dividenden erhobenen Kapitalertragsteuer davon abhängig, dass der Steuerpflichtige die Aktie für einen Mindestzeitraum vor und nach dem Dividendenzahltag hält und dabei ein Mindestmaß an wirtschaftlichem Risiko trägt.

Eines der Ziele vor Augen, einzelne erkannte und aggressive Steuergestaltungen zu verhindern und die Gestaltungsanfälligkeit des Investmentsteuerrechts insgesamt zu reduzieren, kann entgegnet werden, dass jetzt schon bei Analyse des Entwurfes und mit der Einführung einer vollständig neuen Systematik der Investmentbesteuerung das Risiko neuer Gestaltungs- und Umgehungsmöglichkeiten nicht von der Hand zu weisen ist.

Im Hinblick auf die Vermeidung von sog. "Cum/Cum-Geschäften" bleibt abzuwarten, ob der Markt nicht weitere Gestaltungs- oder Abmilderungsmöglichkeiten (evtl. durch Absicherungsgeschäfte) schaffen wird.

Warum man eine Unterscheidung zwischen einem "intransparenten" Publikumsfonds und dem weiterhin "semitransparenten" Spezialfonds trifft, ist rechtlich kaum nachzuvollziehen und dem Investor – gerade dem Kleinanleger – kaum zu vermitteln. Dies birgt die Gefahr weiterer Gestaltungs- und Umgehungsmöglichkeiten

Kritisch angemerkt werden muss u. a., dass im direkten und immerwährenden Konkurrenzverhältnis in Deutschland zwischen Zertifikaten und Investmentfonds (vor allem Publikumsfonds) im relativen Besteuerungsvergleich die Publikumsfonds wegen der Vorabpauschale die Verlierer wären.

Kritisch gesehen werden kann zudem, dass sich institutionelle Anleger wegen der Vorabpauschale aus Publikumsfonds und insbesondere aus Exchange Traded Funds (ETF) zurückziehen könnten.

Ungleich der großen Reform zur Einführung des InvStG in 2004 droht der in- und ausländischen Branche ein enormer Umsetzungsaufwand (vor allem die Kosten der Umstellung der IT-Systeme), der sich nicht nur auf die Kapitalverwaltungsgesellschaften, sondern auch auf die Verwahrstellen und andere Service Provider niederschlagen wird.

Dem Vernehmen nach befürchten die Interessensverbänden, dass die geplante Steuerreform dem Standort und der Fondsbranche Deutschland zugunsten von Luxemburg und Irland schaden könnte. Zudem wird befürchtet, dass gerade für Kleinanleger das neue Regime eine höhere Steuerlast mit sich bringen könnte.

Das InStRefG hebt ein etabliertes System auf, das in den letzten Jahren stetig verbessert und verfeinert wurde, um die bestehende Gestaltungsanfälligkeit zu beseitigen. Dies fortzuführen und voranzutreiben wäre das mildere und ökonomischere Mittel gewesen. Einige der vom BMF vorgebrachten Bedenken bzgl. des bestehenden Systems des InvStG konnten bereits durch das AIFM-StAnpG bereinigt werden. Zu prüfen wird sein, ob das neue InvStG nach dem InvStRefG neue europarechtliche und verfassungsrechtliche Fragestellungen (auf der Fondseingangs- und der Fondsausgangsseite) hervorrufen.

Auch basierend auf der heftigen Kritik in den letzten Monaten an der Einführung einer Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen an Kapitalgesellschaften durch das InvStRefG, verzichtet auch der Gesetzgeber auf die vorgesehene Ausdehnung der Steuerpflicht auf Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen (Beteiligungshöhe geringer als 10 %) von Kapitalgesellschaften (§ 8b Abs. 4 KStG). Begründet wurde dies u. a. auch damit, dass in den Koalitionsverhandlungen Steuererhöhungen klar ausgeschlossen worden sind. Nach Auffassung der Bundesregierung hat eine "intensive Suche" nach einer europarechtskonformen Regelung, die der Anforderung an die Förderung des Wagniskapitalsektors Rechnung trägt, bislang zu keiner befriedigenden Lösung geführt. Ob überhaupt und in welchem anderen Gesetzgebungsvorhaben dann die Regelung zur Besteuerung der Veräußerungsgewinne aus Streubesitzbeteiligungen dann nochmals eingebracht werden soll, steht im Moment noch nicht fest, die Arbeiten an einer solchen Lösung gehen allerdings weiter. Es bleibt das Ziel der Bundesregierung, eine Regelung zur Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz zu schaffen, die keine neue steuerliche Belastung bei der Finanzierung junger, innovativer Unternehmen schafft. Dafür muss sichergestellt sein, dass die Regelungen für junge, innovative Unternehmen aus Sicht der EU-Kommission europarechtlich zulässig sind.

Mit dem InvStRefG wurde einer wesentliche Vorgabe des Koalitionsvertrages bzgl. einer Investmentsteuerreform nachgekommen.

Kaum wurde das InvStRefG im verabschiedet, wird auch schon die (berechtigte) Kritik lauter. Das Gesetzeswerk wird noch komplizierter als das bestehende InvStG, weiterhin werde es Schlupflöcher geben bzw. man werde solche kreieren, die es dann wiederum mit "Reparaturgesetzen" (wie in der Vergangenheit, mal mehr, mal weniger erfolgreich) zu schließen gilt: Schließlich lässt sich Komplexität nicht mit Komplexität bekämpfen. Es ist schon jetzt vorhersehbar, dass das InvStRefG in der jetzigen beschlossenen Fassung demnächst und alsbald mit dem nächsten "Jahressteuergesetz" nachjustiert werden muss.

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