Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke

Die Abgabe von Medikamenten zur Behandlung von Krebserkrankungen (sog. Zytostatika) durch die Krankenhausapotheke an ambulant behandelte Patienten ist dem körperschaftsteuerbefreiten Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzurechnen.

Hintergrund

Eine Stiftung (S), die wegen Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege von der Körperschaftsteuer befreit ist, unterhält zur Verwirklichung ihres Zecks ein Hospital, das durch seine Krankenhausapotheke mit Arzneimitteln versorgt wird. Die Apotheke liefert Medikamente auch an Dritte, das Personal des Hospitals sowie an andere Kliniken und Apotheken. In der onkologischen Ambulanz des Hospitals wird bei den Krebspatienten - zumeist nach vorheriger stationärer Behandlung - eine Chemotherapie durchgeführt. Die dazu erforderlichen Zystostatika holen die Patienten aus der Krankenhausapotheke ab. S behandelte die Abgabe dieser Medikamente als dem Zweckbetrieb des Krankenhauses zugehörig. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass die Erträge aus der Medikamentenabgabe nicht dem Zweckbetrieb des Krankenhauses, sondern dem wirtschaftlichen Geschäftbetrieb der Krankenhausapotheke zuzurechnen seien und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide. Der dagegen eingelegten Klage der S gab das FG statt (EFG 2013 S. 141).

Entscheidung

Der BFH entschied, dass die Abgabe der Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur anschließenden Verabreichung an die ambulant behandelten Patienten dem körperschaftsteuerbefreiten Zweckbetrieb des Krankenhauses zuzurechnen ist.

Wie der BFH bereits mehrfach entschieden hat, sind alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen, dem Zweckbetrieb Krankenhaus zuzurechnen (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 22.6.2011, I R 59/10, BFH/NV 2012 S. 61). Dieser Zusammenhang ist auch dann gegeben, wenn die Einnahmen zwar nicht unmittelbar auf einer ärztlichen oder pflegerischen Leistung beruhen, aber auf einer typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistung. Das ist bei der Abgabe der Zytostatika der Fall, weil diese allein deswegen erfolgt, um eine effektive ambulante onkologische Behandlung im Krankenhaus zu gewährleisten. Dass die Behandlung ambulant erfolgt, steht dem nicht entgegen. Auch § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V geht davon aus, dass eine Krankenhausbehandlung nicht zwingend stationär erfolgen muss.

Ob S mit der Abgabe der Zytostatika durch ihre Krankenhausapotheke in Wettbewerb zu anderen steuerlich nicht begünstigten Apotheken tritt, ist nach Auffassung des BFH für die Frage, ob die Abgabe dem Zweckbetrieb zuzuordnen ist, nicht von Bedeutung. Zwar ist nach § 65 Nr. 3 AO das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses relevant. Diese Bestimmung wird hier jedoch durch die Spezialregelung für Krankenhäuser in § 67 AO a.F. verdrängt.

Hinweis

Wie der BFH in einem Urteil vom gleichen Tage (I R 31/12) entschieden hat, erstreckt sich die Steuerfreiheit auch auf die Gewerbesteuer.

Ob durch die Gewährung der Steuerbefreiung in einem Fall wie dem vorliegenden möglicherweise das unionsrechtliche Beihilfeverbot verletzt wird, konnte der BFH in seiner Entscheidung nicht prüfen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist ausschließlich die Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig. Innerstaatlich ist laut EuGH das Beihilfeverbot zudem nicht unmittelbar anwendbar. Der BFH weist in seiner Entscheidung allerdings darauf hin, dass nach seiner Auffassung das Gemeinnützigkeitsrecht wegen der Wettbewerbsrelevanz auf beihilferechtliche Bedenken stößt. Die EU-Kommission wäre deshalb berufen, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zu prüfen und ggf. den den Gesetzgeber zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.

Urteil v. 31.7.2013, I R 31/12, veröffentlicht am 18.12.2013

Alle am 18.12.2013 veröffentlichten Entscheidungen im Überblick