Abzug der Aufwendungen eines nebenberuflich tätigen Übungsleiters
Hintergrund: Ausgaben bei steuerfreien Einnahmen als Übungsleiter
A bezog in 2012 von einem Sportverein Einnahmen von 1.200 EUR für ihre nebenberufliche Tätigkeit als Übungsleiterin. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit hatte sie Ausgaben von 4.062 EUR (überwiegend für Fahrten mit dem PKW zu Wettbewerben). A machte den ihr hieraus entstandenen Verlust mit 1.962 EUR geltend (4.062 RUR abzüglich des bis 2012 geltenden sog. Übungsleiterfreibetrags von 2.100 EUR). Das FA lehnte die Verlustanerkennung unter Hinweis auf § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG ab. Nur wenn die Einnahmen den Freibetrag überschritten, seien die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen in Höhe des übersteigenden Betrags abziehbar. Da die Einnahmen (1.200 EUR) den Übungsleiterfreibetrag (2.100 EUR) nicht überstiegen und damit in voller Höhe nach § 3c EStG steuerfrei seien, könnten die Ausgaben nicht abgezogen werden.
Dem widersprach das FG und gab der Klage statt. Die Ausgaben seien insoweit abziehbar, als sie den Freibetrag (2.100 EUR) überschritten hätten.
Entscheidung: Verlustberücksichtigung setzt Gewinnerzielungsabsicht voraus
Der BFH tritt ebenfalls der Meinung des FA entgegen und hält eine Verlustberücksichtigung unter der Voraussetzung für möglich, dass A ihre nebenberufliche Tätigkeit nicht etwa als Liebhaberei, sondern mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübt hat. § 3 Nr. 26 Satz 2 EStG, wonach die Ausgaben - abweichend von § 3c EStG – nur insoweit abgezogen werden dürfen, als sie den Übungsleiterfreibetrag übersteigen, ist im Streitfall nicht anwendbar, da die steuerfreien Einnahmen (1.200 EUR) den Freibetrag (2.100 EUR) nicht überstiegen. Auch § 3c EStG, der den Abzug von Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen zusammen hängen, ausschließt, steht der Anerkennung des Verlusts nicht entgegen. § 3c EStG ist vielmehr dahin auszulegen, dass die Ausgaben nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen vom Abzug ausgeschlossen sind und der übersteigende Betrag zu berücksichtigen ist.
Die Steuerbegünstigung darf nicht in einen Steuernachteil umschlagen
§ 3c EStG bezweckt, einen doppelten Vorteil durch den Abzug von Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen zusammen hängen, zu verhindern. Die Abzugsbeschränkung darf aber nicht dazu führen, die mit steuerfreien Einnahmen zusammen hängenden Ausgaben auch insoweit vom Abzug auszuschließen, als sie die Einnahmen übersteigen. Denn diese Auslegung würde dazu führen, einen Steuervorteil in einen Steuernachteil umzukehren. Bei Aufwendungen, die im Rahmen einer Einkunftsart anfallen, jedoch aufgrund einer spezialgesetzlichen Regelung steuerfrei gestellt sind (§ 3 Nr. 26 EStG), ist eine Auslegung geboten, die es verhindert, dass sich eine Steuerbefreiung nachteilig auswirkt.
Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ausgabenüberschuss
Der BFH verwies den Fall an das FG zurück, da unklar geblieben war, ob A ihre Übungsleitertätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübt hat. Nur wenn dies zu bejahen ist, kann sie den Verlust geltend machen. Bei einer Liebhabereitätigkeit wären die daraus erzielten Einnahmen von vornherein nicht steuerbar und die damit zusammen hängenden Aufwendungen nach § 3c EStG steuerlich unbeachtlich. Das FG hat die Feststellungen dazu nachzuholen, ob A mit der Absicht, einen Totalgewinn oder -überschuss zu erzielen, tätig war. Davon dürfte in Fällen, in denen die Einnahmen den Freibetrag deutlich übersteigen, zumeist auszugehen sein. Da im Streitfall jedoch bei Einnahmen von nur 1.200 EUR Ausgaben von rund 4.000 EUR entstanden sind, kann auf die genaue Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht verzichtet werden.
Hinweis: Vermeidung nicht plausibler Ergebnisse
Ausgehend von der Auffassung des FA wäre bei Einnahmen unter oder bis 2.100 EUR der Abzug von BA/WK auch dann ausgeschlossen, wenn – wie im Streitfall – die Ausgaben die Einnahmen erheblich übersteigen. Bei den Freibetrag nur geringfügig übersteigenden Einnahmen (von z.B. 2.001 EUR) wäre dagegen ein Abzug der übersteigenden Ausgaben möglich. Die uneingeschränkte Anwendung des § 3c EStG bei Einnahmen bis 2.100 EUR würde in Widerspruch zum objektiven Nettoprinzip dazu führen, dass die Begünstigung in einen Steuernachteil umschlägt. Ab 2013 wurde der Freibetrag auf 2.400 EUR angehoben.
A hatte im FG-Verfahren als Verlust ihre Ausgaben (4.062 EUR) abzüglich des Freibetrags (2.100 EUR) geltend gemacht. In Wirklichkeit ist der Verlust höher, da ihre Ausgaben lediglich um ihre (niedrigeren) tatsächlichen Einnahmen von nur 1.200 EUR zu mindern sind.
BFH, Urteil v. 20.12.2017, III R 23/15, veröffentlicht am 11.4.2018.
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