Abzug von Ehescheidungskosten ab VZ 2013
Sachverhalt:
Im Streitfall machte der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung für den VZ 2013 u. a. Kosten für die Ehescheidung sowie Kosten eines Unterhaltsverfahrens als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend. Das FA lehnte den Kostenabzug unter Hinweis auf die ab 2013 geltende neue Rechtslage, wonach Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen sind, ab.
Im Einspruchsverfahren machte der Steuerpflichtige geltend, Scheidungskosten seien trotz der Gesetzesänderung auch weiterhin als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Im Gegensatz zu einem Zivilprozess könne ein Scheidungsverfahren nicht vermieden werden, um eine zerrüttete Ehe zu beenden. Könne sich ein Bürger dem Scheidungsverfahren aus rechtlichen Gründen nicht entziehen, indem die Ehe nur durch richterliche Entscheidung geschieden werden könne, so müsse der hierdurch verursachte Aufwand auch weiterhin als zwangsläufig erwachsen anerkannt werden.
Entscheidung:
Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen hinsichtlich der unmittelbaren Kosten der Ehescheidung recht und berücksichtigte sie trotz der gesetzlichen Neuregelung als außergewönliche Beastungen nach § 33 EStG. Zwar sind nach der Neuregelung in § 33 Abs. 2 EStG ab VZ 2013 Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die Prozesskosten für eine Ehescheidung jedoch auch unter dem Geltungsbereich der gesetzlichen Neuregelung weiterhin als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Denn der Gesetzestext knüpft hinsichtlich des weiterhin ausnahmsweise möglichen Abzugs insoweit exakt an eine Formulierung in der Rechtsprechung des III. Senats des BFH an, die nachfolgend in weiteren Entscheidungen dieses Senats übernommen wurde. Diese Anknüpfung weist deutlich darauf hin, dass der Gesetzgeber bei der Einfügung des Satzes 4 in § 33 Abs. 2 EStG keine neuartigen, sondern die dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Wertungen in das Gesetz einfließen lassen wollte.
Denn unter "Verlust der Existenzgrundlage" ist nicht nur der Verlust der biologischen Existenz zu verstehen (Lebensgefahr), sondern nach verfassungsrechtlichen Wertmaßstäben auch der Verlust der seelischen Existenzgrundlage, die nach Zerrüttung einer Ehe ohne Scheidung anzunehmen ist. Kosten der Ehescheidung, die aufzuwenden sind, um nicht in einer zerrütteten Ehe weiterleben zu müssen, sind daher zur Beseitigung der Zwangslage für den Steuerpflichtigen unvermeidbar und als außerhalb des Üblichen liegend nicht durch den allgemeinen Grundfreibetrag abgegolten. Bei verfassungskonformer Auslegung sind sie daher nach § 33 EStG zu berücksichtigen.
Praxishinweis:
Die steuerpflichtigenfreundliche Entscheidung des FG betrifft nicht die (prozessualen) Kosten für sog. Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Ehewohnung und Haushalt, Güterrecht, Sorgerecht, Umgangsrecht), die nach der Neuregelung ab 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Derartige Kosten erwachsen nicht zwangsläufig, da entweder der Steuerpflichtige selbst deren Anfall dadurch vermeiden kann, dass er die Einbeziehung von Folgesachen in den Scheidungsverbund nicht beantragt, oder durch die Regelung in § 150 Abs. 4 FamG die Möglichkeit einer der Billigkeit - auch dem Verhalten des Ehegatten - entsprechenden gerichtlichen Kostenverteilung gegeben ist.
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung Revision einlegen wird, um die Rechtsfrage durch den BFH abschließend klären zu lassen, würden dadurch entsprechende Einspruchsverfahren automatisch ruhen (§ 363 Abs. 2 AO).
FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.10.2014, 4 K 1976/14, Haufe Index 7416950
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