Abzugsbeschränkung für betriebliche Termingeschäfte

Die Verlustausgleichs- und Abzugsbeschränkung umfasst nicht Termingeschäfte, die auf die physische Lieferung des Basiswerts gerichtet sind (entgegen BMF, Schreiben v. 23.9.2005, DB 2005 S. 2269). Die Beschränkung setzt keine Spekulationsabsicht voraus.

Hintergrund

Die A-GmbH war Organträgerin der F-GmbH. Bei dieser handelte es sich um ein Konzernfinanzierungsunternehmen (sog. Inhouse-Bank), deren Geschäftsbetrieb u.a. den Abschluss von Devisentermingeschäften zur Absicherung von Währungsrisiken bei Warenlieferungen umfasste. In diesem Bereich war der Sachbearbeiter S tätig. Entgegen den internen Konzernrichtlinien, wonach Devisengeschäfte nur zur Kurssicherung der Fremdwährungszahlungsströme aus dem operativen Handelsgeschäft abgeschlossen werden durften, tätigte S schwerpunktmäßig auch in erheblichem Umfang Devisengeschäfte, die ausschließlich spekulativen Charakter hatten. In der Regel veräußerte bzw. erwarb er im Namen der F-GmbH Devisen zu einem in der Zukunft liegenden Stichtag für einen festgelegten Fixwert und erwarb bzw. veräußerte die zum Ausgleich erforderlichen Devisen zu einem in der Zukunft liegenden Marktwert (= amtlicher Devisenkurs). Jedem Devisentermingeschäft stand somit ein zu einem anderen Zeitpunkt abgeschlossenes, gegenläufiges Devisengeschäft gegenüber. S setzte im Wesentlichen auf einen fallende Yen, der jedoch wider Erwarten gegenüber der DM anstieg. Die A-GmbH war der Meinung, die Verluste aus den nicht autorisierten Devisentermingeschäften seien sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.

Das FA ging dagegen davon aus, die Verluste unterlägen der Verlustausgleichs- und Abzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 EStG und seien deshalb zur Ermittlung des der A-GmbH aufgrund der Organschaft zuzurechnenden Einkommens dem Gewinn der F-GmbH außerbilanziell hinzuzurechnen. Das FG gab der Klage der A-GmbH mit der Begründung statt, das strafrechtlich relevante Verhalten des S könne der F-GmbH nicht zugerechnet werden. 

Entscheidung

Entgegen der Auffassung des FG enthält die Regelung (§ 15 Abs. 4 EStG) kein subjektives Tatbestandsmerkmal der Spekulationsabsicht. Die Verlustausgleichs- und Abzugsbeschränkung soll verhindern, dass private Termingeschäfte in den betrieblichen Bereich verlagert werden. Aus den Gesetzesmaterialien zum StEntlG 1999/2000/2002 ergibt sich, dass nicht nur Geschäfte mit Spekulationsabsicht der Besteuerung unterliegen sollen. Gegen das Erfordernis einer Spekulationsabsicht spricht, dass die Regelung lediglich Termingeschäfte, die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen, aus der Beschränkung ausnimmt. Das verdeutlicht, dass die Ausnahme für Termingeschäfte ohne spekulativen Charakter nach objektiven Kriterien und nicht aufgrund einer Prüfung der Spekulationsabsicht gelten soll. Im Übrigen ergibt sich die ertragsteuerliche Zuordnung der Geschäfte des S aus dem Abschluss im Namen und für Rechnung der F-GmbH. 

Der BFH konnte den Fall nicht abschließend entscheiden. Es steht nicht fest, ob sämtliche Verluste auf Termingeschäften i.S. von § 15 Abs. 4 EStG entfallen. Die Vorschrift erfasst nämlich nur Termingeschäfte, die auf Differenzausgleich (oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil) gerichtete sind. Termingeschäfte, die durch Lieferung der Basiswerte ("Physische Erfüllung") realisiert werden, fallen nicht unter die Beschränkung. Der BFH widerspricht damit der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 23.9.2005, DB 2005 S. 2269). Denn der Gesetzeswortlaut erfordert, dass der Geldbetrag oder Vorteil "durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmt" sein muss. An der Abhängigkeit von einer veränderlichen Bezugsgröße fehlt es aber, wenn am Fälligkeitstat schlicht die den Gegenstand des Termingeschäfts bildenden Basiswerte der bestellten - und damit von Anfang an feststehenden und von der weiteren Kursentwicklung unabhängigen - Menge geliefert werden. Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies den Fall an das FG zurück. Das FG hat die Feststellungen, in welchem Umfang die Devisentermingeschäfte auf Differenzausgleich gerichtet waren, nachzuholen.

Hinweis

Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass Termingeschäfte, die auf die tatsächliche ("physische") Lieferung des Basiswerts am Ende der Laufzeit gerichtet sind, nicht unter die Verlustausgleichsbeschränkung fallen. Dieser Auffassung schießt sich der BFH - entgegen BMF, Schreiben v. 23.9.2005 (DB 2005 S. 2269), BayLfSt, Verfügung v. 9.3.2007 (DStR 2007 S. 719) - an. Der BFH weist allerdings darauf hin, dass es anders ist, wenn mit der Vertragspartei des Eröffnungsgeschäfts (z.B. Lieferung von 1 Mio. Yen für 100.000 EUR am Tag X) oder einem Dritten vor dem Fälligkeitszeitpunkt die Ausführung eines Gegengeschäfts (z.B. Rücktausch der 1 Mio. Yen in EUR zum Tageskurs des Tages X) vereinbart wird. Hier sind die Vereinbarungen aus wirtschaftlicher Sicht als Termingeschäft mit Differenzausgleich zu werten. Denn wirtschaftlich betrachtet spielt es keine Rolle, ob der Differenzausgleich "brutto", d.h. durch Lieferung der Devisen mit anschließendem Rücktausch, oder "netto" durch Lieferung nur der Differenz durch denjenigen, zu dessen Nachteil sich der Devisenkurs entwickelt hat, herbeigeführt wird.  

BFH, Urteil v. 6.7.2016, I R 25/14, veröffentlicht am 12.10.2016

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