Abzugsverbot für Gewerbesteuer ist nicht verfassungswidrig
Hintergrund
Die Gewerbesteuer ist ihrer Natur nach eine Betriebsausgabe und mindert den Gewinn z.B. einer Kapitalgesellschaft. Der Gesetzgeber hat hingegen mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStReformG) in § 4 Abs. 5b EStG bestimmt, dass die Gewerbesteuer keine Betriebsausgabe ist (systematisch richtig müsste es dort heißen: „nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden darf“). Die Gewerbesteuer darf deshalb bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns nicht mehr gewinnmindernd berücksichtigt werden.
Die T-GmbH betrieb mehrere gepachtete Tankstellen mit Shops und Waschstraßen und musste aufgrund hoher Pachtaufwendungen vergleichsweise viel Gewerbesteuer bezahlen. Sie wandte sich deshalb gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer mit der Begründung, dass die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer im Rahmen der Gewinnermittlung für die Körperschaftsteuer verfassungswidrig sei. Sie verstoße insbesondere bei „pachtintensiven“ Betrieben sowohl gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. GG.
Entscheidung
Der BFH sah das anders und entschied, dass die Regelung zum Abzugsverbot für Gewerbesteuer verfassungsgemäß ist.
Nach Auffassung des BFH verstößt das Abzugsverbot nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar schränkt das Abzugsverbot dass objektive Nettoprinzip ein, weil dadurch die mit der Gewerbesteuerpflicht verbundene Verminderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Bemessung der Körperschaftsteuer (und auch der Einkommensteuer) nicht berücksichtigt wird. Diese Beeinträchtigung läßt sich jedoch sachlich hinreichend begründen und verstößt nicht gegen den Grundsatz der Folgerichtigkeit.
Der Gesetzgeber hat mit dem UntStReformG den Körperschaftsteuersatz von 25 vH. Auf 15 v.H. gesenkt und die Gewerbesteuermesszahl von maximal 5 v.H. auf einheitlich 3,5 v.H. verringert, so dass die nominale Belastung der Unternehmensgewinne gesunken ist. Zugleich sollte zur Kompensation der geringeren nominalen Steuerbelastung die steuerliche Bemessungsgrundlage durch verschiedene Maßnahmen – zu denen auch die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer gehört – vergrößert und verstetigt werden. Die Abschaffung des Gewerbesteuerabzugs bei der Körperschaftsteuer ist demnach ein Bestandteil einer Reform der Unternehmensbesteuerung mit für den Steuerpflichtigen teilweise belastenden, teilweise aber entlastenden Wirkungen.
Aus diesem Grund muss die Regelung in § 4 Abs. 5b EStG auch als eine verfassungsrechtlich zulässige Bestimmung der Schranken des Eigentumsrechts i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen werden.
Hinweis
Bei Personenunternehmen, die von der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes nicht profitieren, hat der Gesetzgeber das Abzugsverbot für die Gewerbesteuer dadurch kompensiert, dass er den Anrechnungsfaktor der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 erhöht hat (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Ob dennoch – wie die T-GmbH im Streitfall behauptet – pachtintensive Körperschaften im Vergleich zu pachtintensiven Personenunternehmen höher besteuert werden, konnte der BFH ungeprüft lassen. Denn – wie das BVerfG bereits entschieden hat – ist der Gesetzgeber nach dem Gleichheitssatz des GG nicht zu einer rechtsformneutralen Ausgestaltung der Besteuerungsvorschriften verpflichtet (BVerfG, Beschl. v. 21.6.2006, 2 BvL 2/99, BverfGE 116 S. 164).
Dass pachtintensive Körperschaften wie die T-GmbH im Vergleich zu Körperschaften mit geringerem gewerbesteuerlichen Hinzurechnungspotential verhältnismäßig mehr Gewerbesteuer zahlen, hat der BFH bereits in früheren Entscheidung für verfassungsgemäß angesehen (vgl. BFH, Beschluss v. 16.10.2012, I B 128/12). Wenn aber – so der BFH - die Ungleichbehandlung schon bei der Bemessung der Gewerbesteuer nicht zu einem Verfassungsverstoß führt, ist diese Ungleichbehandlung auch im Rahmen des Abzugsverbots der Gewerbesteuer bei der Körperschaftsteuer hinzunehmen.
Urteil v. 16.1.2014, I R 21/12, veröffentlicht am 7.5.2014
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024