Gemeinnützigkeit eines politisch aktiven Vereins
Umstritten ist die Gemeinnützigkeit eines Vereins ("Attac"), der nach seiner Satzung die Förderung von Bildung, Wissenschaft, Forschung, Demokratie und Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen der Globalisierung erstrebt. Dies soll durch Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Veranstalten von Konferenzen und Bildungsarbeit erreicht werden. Der Verein führte seit seiner Gründung eine Vielzahl von Aktivitäten durch. Neben Informationsveranstaltungen wurden insbesondere Kampagnen zu verschiedenen politischen Themen durchgeführt. Diese betrafen unter anderem den Abbau von Steuervorteilen für Kapitalgesellschaften, die erbschaftsteuerliche Behandlung von Vermögen, die Mehrwertsteuerentlastung von Hotels, die Einführung einer Vermögensteuer usw.
Im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen Körperschaftsteuerbescheide vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, der Verein sei nicht gemeinnützig, da er nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung politische Ziele verfolge. Das Finanzgericht kam allerdings zu einer gegenteiligen Auffassung. Die Entscheidung wurde jedoch vom BFH Urteil vom 13.11.2019 - V R 30/16, wieder aufgehoben, sodass sich erneut das Hessische FG mit der Frage der Gemeinnützigkeit des Vereins zu beschäftigen hatte.
Gemeinnützigkeit nicht anerkannt
Das Hessische FG bestätigte nunmehr die Rechtsauffassung des Finanzamts. Die formellen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit sah das FG hierbei als gegeben an. Die Satzung des Vereins war also dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Allerdings entspricht die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins nicht den Grenzen, die das Gemeinnützigkeitsrecht setzt. Eine eigenständige Verfolgung politischer Zwecke stehe im Widerspruch zum Gemeinnützigkeitsrecht. Dies dürfe weder Gegenstand der Satzung noch der tatsächlichen Geschäftsführung sein.
Eine Abgrenzung zwischen der Verschaffung von politischer Bildung und einer politischen Einflussnahme könne zwar im Einzelfall schwierig sein, insbesondere die Durchführung der verschiedenen Kampagnen sei aber als politische Einflussnahme anzusehen und nicht als Verschaffung politischer Bildung. Der BFH gehe in seiner Rechtsprechung hierbei von einem engen Begriff der Bildung aus. An diese Rechtsprechung des BFH sei das FG gebunden.
Rechtsprechung des BFH
Dem Hessischen FG war offensichtlich bei seiner Entscheidung nicht ganz wohl. Gleich an mehreren Stellen betont das Gericht, dass es an die Rechtsprechung des BFH gebunden ist. Vermutlich hätten die Richter in Kassel gern anders entschieden, wie sie dies ja auch bereits einmal getan haben.
Trotzdem ist die Entscheidung des FG als zutreffend anzusehen. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO regelt als gemeinnützigen Zweck die Förderung der Volksbildung. Es ist unstrittig, dass auch die politische Bildung hierunter fällt (Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 52 AO Rz. 27; Klein/Gersch, AO, 2020, § 52 AO Rz. 22). Allerdings muss dann auch die tatsächliche Geschäftsführung diesem gemeinnützigen Zweck entsprechen. Und dies war hier nach den Feststellungen der Gerichte eben nicht der Fall, da allgemein-politische Ziele verfolgt wurden. Insofern scheidet eine Gemeinnützigkeit des Vereins zutreffend aus. Hierbei soll nicht verkannt werden, dass die Abgrenzung der Vermittlung von politischer Bildung und der Verfolgung von politischen Zwecken im Einzelfall oftmals nicht unproblematisch sein kann (siehe auch Klein/Gersch, AO, 2020, § 52 AO Rz. 48).
Da das FG die Revision zum BFH (V R 14/20) zugelassen hat, ist die Entscheidung nicht rechtskräftig.
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