Ausländische Steuern können in Missbrauchsfällen nicht abgezogen werden
Hintergrund
A war in 1999 Geschäftsführer und Gesellschafter der A-GmbH. 1992 hatte er 55 % der Anteile an eine niederländische Gesellschaft (V) veräußert und behielt - neben einem weiteren Gesellschafter - nominell lediglich 25 % der Stammanteile. Die V ist eine 100 %ige Tochter der B (Sitz Niederländische Antillen). Diese ist eine 100 %ige Tochter der F (Sitz Britische Jungferninseln), deren Anteile allein A zustanden. Die Gewinnausschüttungen der A-GmbH wurden über die V und die B an die F durchgereicht. Für die Gewinnausschüttung der V an die B fiel in den Niederlanden eine Dividendensteuer an, die von der V bezahlt wurde. Die A auf diese Weise weiterhin zugeflossenen anteiligen Gewinnausschüttungen der A-GmbH gab er in seiner ESt-Erklärung nicht an.
Das FA sah die Rechtskonstruktion als missbräuchlich an. Es berücksichtigte die von der A-GmbH an die V gezahlten Bruttodividenden als Einkünfte des A und rechnete die von der A-GmbH abgeführte KSt auf die ESt an. Die von A darüber hinaus begehrte Anrechnung der von der V gezahlten niederländischen Dividendensteuer lehnte das FA mit der Begründung ab, die Ausschüttung der V an die B werde nicht der deutschen Besteuerung unterworfen, da eine Direktausschüttung der A-GmbH an A unterstellt werde. Eine Anrechnung der niederländischen Steuer komme daher nicht in Betracht.
Entscheidung
Der BFH geht ebenfalls davon aus, dass die Konstruktion missbräuchlich war. Denn für die Zwischenschaltung der Gesellschaften V, B und F waren wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe nicht erkennbar. Die ausländischen Gesellschaften wurden ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis unterhalten. Es fehlt somit an ausländischen Einkünften des A. Denn wegen Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten werden die Gewinnausschüttungen nicht der V, sondern A zugerechnet. A bezog sonach unmittelbar und ausschließlich inländische Kapitaleinkünfte. Damit ist sind die Voraussetzungen für den Steuerabzug nach § 34c Abs. 3 nicht erfüllt. Die Regelung setzt die Steuersubjektidentität voraus. Nach dem Gesetzeszweck, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, muss der inländische Steuerpflichtige identisch mit der Person sein, die im Ausland - hinsichtlich desselben Steuerobjekts - zu einer der inländischen Steuer vergleichbaren Steuer herangezogen wird. Das ist im Streitfall nicht gegeben. Denn die V hat als selbständige Rechtsperson - und nicht der mittelbar an ihr beteiligte A - die niederländische Dividendensteuer gezahlt.
Ob und in welcher Missbrauchskonstellation das Steuersubjektprinzip ausnahmsweise zu durchbrechen ist bzw. die von der ausländischen Basisgesellschaft gezahlte Auslandssteuer in eine solche ihrer (mittelbaren) Anteilseigner (hier: A) umgedeutet werden kann, war bisher nicht geklärt. In einer älteren Entscheidung hat der BFH auf die Subjektidentität abgestellt und die Anrechnung verweigert (BFH, Urteil v. 24.2.1976, VIII R 155/71, BStBl 1977 II S. 265). Der BFH führt diese Rechtsprechung fort und widerspricht - jedenfalls für die hier streitige Konstellation - den im Schrifttum überwiegend gegen die Abzugsverweigerung erhobenen Bedenken. Denn bei einer angemessenen Gestaltung - im Sinne eines vollständigen Hinwegdenkens der Existenz der Auslandsgesellschaften - fällt keine niederländische Steuer, sondern lediglich deutsche Steuer auf den Beteiligungsertrag, allerdings in Höhe der tariflichen Normalbelastung an. Es ist dann aber nicht gerechtfertigt, die volle tarifliche deutsche Steuer durch den Abzug der niederländischen Steuer zu mindern, weil dann nicht - dem Grunde und der Höhe nach - der ESt-Anspruch entsteht, wie er bei angemessener Gestaltung entstehen würde.
Hinweis
Bei einer angemessenen Gestaltung wäre eine Ausschüttung der A-GmbH direkt an A erfolgt. Damit läge ein rein inländischer Vorgang vor, ohne dass eine niederländische Dividendensteuer entstanden wäre. Dementsprechend ist die deutsche Steuer nicht um die niederländische Steuer zu mindern. Der BFH lässt ausdrücklich offen, ob in anderen "Missbrauchskonstellationen", ein Abzug nach § 34c Abs. 3 EStG in Betracht kommen kann, wenn auch bei einer angemessenen Gestaltung ausländische Steuern angefallen wären.
BFH, Urteil v. 2.3.2016, I R 73/14, veröffentlicht am 13.7.2016
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