Vergleichsweise Beendigung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds
Hintergrund: Beteiligung an einem Schrottimmobilien-Fonds
Die Eheleute beteiligten sich 1992 an der X-Fonds-GbR. Zweck des Fonds war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnutzung und die Verwaltung von Grundbesitz. Die AK der Beteiligung finanzierten sie in vollem Umfang durch ein Darlehen bei der E-Bank von 54.000 EUR. Aus der Beteiligung erzielten sie Einkünfte aus VuV. Die an die Bank gezahlten Schuldzinsen sowie die AfA auf die von der GbR vermieteten Gebäude zogen sie als WK ab. Das Darlehen ging später auf die B-Bank über.
Die Eheleute fühlten sich über die mit dem Erwerb verbundenen Risiken und über die Höhe der anfallenden Innenprovisionen getäuscht und verlangten von der B-Bank die Rückerstattung ihrer Zins- und Tilgungsleistungen gegen Zurverfügungstellung ihrer Anteile. Dies erreichten sie jedoch nicht, sondern schlossen mit der B-Bank einen Vergleich. Danach anerkannten sie die Restforderung der Bank aus dem Darlehen in Höhe von 38.000 EUR. Zur Abgeltung dieser Forderung verpflichteten sie sich, eine Einmalzahlung von 15.000 EUR an die B-Bank zu leisten und ihre GbR-Anteile an die B-Bank (oder einen von ihr benannten Dritten) zu übertragen. In 2011 zahlten sie diesen Betrag und traten ihre GbR-Anteile an die von der B-Bank benannte Q-GmbH ab.
Die Eheleute waren der Auffassung, bei dem Vergleich habe es sich um ein – nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist nicht mehr steuerbares – privates Veräußerungsgeschäft gehandelt. Das FA ging dagegen von einer Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses und des Fondsteilerwerbs aus. Es teilte den erlassenen Darlehensbetrag auf in einen Teil als erstattete Schuldzinsen (negative WK = Einkünfte aus VuV) und einen Teil als Rückerstattung des überhöhten Kaufpreises (Minderung der AK und damit der AfA für die vom Fonds verwaltete Immobilie). Das FG bestätigte das FA und wies die Klage ab.
Entscheidung: Keine Rückabwicklung, sondern Veräußerung
Der BFH bejaht eine - nicht steuerbare - Veräußerung. Als Anschaffung und Veräußerung werden regelmäßig der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person verstanden. Darüber hinaus können auch andere marktoffenbare Vorgänge als Veräußerung zu werten sein. Eine Veräußerung liegt jedoch nicht vor, wenn das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft rückabgewickelt wird. Das ist u.a. der Fall, wenn das Erwerbsgeschäft wegen Vertragsstörung keinen Bestand hat und die Vertragspartner sich die gegenseitig erbrachten Leistungen vollständig zurückgewähren. Entsprechendes gilt, wenn der Erwerb einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung rückabgewickelt wird. An einer Veräußerung fehlt es in diesen Fällen insbesondere, wenn ein Personengesellschafter seine Beteiligung kündigt und seine Rechtsstellung auf den Veräußerer oder eine von diesem eingeschaltete Person überträgt. Denn die Rückgabe der zuvor erworbenen Rechtsstellung stellt in diesem Fall keinen marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar. Unerheblich ist, ob die Rückabwicklung auf Rücktritt, Kündigung, Schadensersatzleistung oder einem anderen Rückabwicklungsgrund beruht.
Im Streitfall liegt demnach keine Rückabwicklung vor. Denn die Eheleute haben in dem Vergleich sowohl die GbR-Beteiligung zunächst bestehen lassen und auch das streitige Darlehensverhältnis in seiner rechtlichen Existenz – auch für die Zukunft – bestätigt. Sodann haben sie eine Einmalzahlung geleistet und ihre Anteile auf die Q-GmbH übertragen. Im Gegenzug wurde ihnen ein Schulderlass über 38.000 EUR gewährt. Das lässt nur den Schluss zu, dass die Anteile an der GbR als Gegenleistung für den Darlehensverzicht der B-Bank und damit entgeltlich auf die Q-GmbH übertragen wurden.
Kein Rückfluss von WK
Der Darlehensverzicht hat auch nicht zur Erstattung geleisteter Schuldzinsen und zu einem Rückfluss von WK geführt. Erstattungsbeträge, die WK ersetzen, sind zwar im Jahr des Zuflusses steuerpflichtige Einnahmen. Ein Zufluss kann auch bei einer Verrechnung vorliegen. Das setzt jedoch voraus, dass sich zwei voneinander unabhängige, fällige Ansprüche gegenüberstehen. Daran fehlt es hier. Es ist nicht ersichtlich, dass die B-Bank den Eheleuten überhöht berechnete Schuldzinsen hätte erstatten wollen. Denn die Eheleute hatten die Darlehensforderung und damit den Rechtsgrund für die in der Vergangenheit gezahlten Zinsen ausdrücklich anerkannt. Es fehlen auch Feststellungen dazu, in welcher Höhe der Kaufpreis für die Anteile angemessen gewesen wäre und in welcher Höhe dafür Zinsen zu entrichten gewesen wären. Die von den Eheleuten zuvor gegen die B-Bank geltend gemachten Ansprüche auf Rückerstattung der erbrachten Zins- und Tilgungszahlungen werden in dem Vergleich nicht erwähnt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung diente der Vergleich dazu, der Bankengruppe die belastende Prozesssituation zu beenden, nicht aber dazu, in der Vergangenheit überzahlte Schuldzinsen zu erstatten.
Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und gab der Klage statt.
Hinweis: Vertragsgestaltung entscheidend
Der Streitfall betrifft die Investition in sog. Schrottimmobilien. Die Anleger fühlten sich getäuscht und versuchten, sich von den geschlossenen Verträgen zu lösen. Das FA und das FG orientierten sich an den zur Rückabwicklung solcher Fälle ergangenen Verwaltungsanweisungen (z.B. BayLfSt v. 16.7.2008, Haufe Index 2026308; OFD Frankfurt/Main v. 2.12.2008, juris; OFD Chemnitz v. 30.7.2008, Haufe Index 2128249). Danach muss der erlassene Schuldbetrag aufgeteilt werden in einen Teilbetrag für ersetzte Schuldzinsen und einen Teilbetrag für den überhöhten Kaufpreis. Ein Rückabwicklungsfall liegt jedoch nur dann vor, wenn mit dem Vergleich die gewährten Leistungen tatsächlich zurückgewährt werden und somit kein marktoffenbarer Vorgang vorliegt. Diese Voraussetzungen einer Rückabwicklung sind hier nicht gegeben. Denn die Vertragsbeteiligten haben in dem Vergleich die Beteiligung und das Darlehensverhältnis ausdrücklich bestehen lassen und bestätigt und sodann im Anschluss daran die Übertragung gegen den Darlehensverzicht vereinbart. Es obliegt somit im Wesentlichen der Vertragsgestaltung, ob eine Rückabwicklung oder ein Veräußerungsgeschäft vorliegt.
BFH, Urteil v. 31.1.2017, IX R 26/16, veröffentlicht am 10.5.2017
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