Schätzung der beruflich veranlassten Aufwendungen für einen sog. Herrenabend
Dies gilt nach einer neuen BFH-Entscheidung auch, wenn im Rahmen eines Kanzleifests (sog. Herrenabend) Mandanten, potenzielle Neu-Mandanten und Geschäftsfreunde eingeladen werden, sich aber weder abschließend beurteilen lässt, welche der eingeladenen Personen auf der Feier tatsächlich erschienen sind, noch abschließend beurteilt werden kann, bei welchem Gast von einer überwiegend beruflich veranlassten Einladung auszugehen ist.
Hintergrund: Herrenabend mit Mandanten, potenzielle Neu-Mandanten und Geschäftsfreunden
Eine Rechtsanwaltskanzlei hatte in mehreren Jahren sog. Herrenabende im Garten des Wohngrundstücks des namensgebenden Partners veranstaltet, bei denen jeweils bis zu 358 Gäste für Gesamtkosten zwischen 20.500 EUR und 22.800 EUR unterhalten und bewirtet wurden. Teilt man die insgesamt geltend gemachten Aufwendungen durch die Zahl der geladenen Personen, ergeben sich Gesamtaufwendungen für Musik, Veranstaltungstechnik und Bewirtung von 58,66 bis 63,72 EUR pro Teilnehmer.
Bisheriger Verfahrensgang
Im Streitfall hatte das FG zunächst den Betriebsausgabenabzug wegen unangemessener Repräsentationsaufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG komplett ausgeschlossen (FG Düsseldorf Urteil vom 19.11.2013 - 10 K 2346/11 F, Haufe Index 7604176). Auf die Revision der Klägerin hatte der BFH dieses Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der BFH führte u.a. aus, dass "Betriebsausgaben, die für die Unterhaltung von Geschäftsfreunden aufgewendet werden, als Aufwendungen für "ähnliche Zwecke" nur dann dem Abzugsverbot unterliegen, wenn sich aus der Art und Weise der Veranstaltung und ihrer Durchführung ableiten lässt, dass es sich um Aufwendungen handelt, die für eine überflüssige und unangemessene Unterhaltung und Repräsentation getragen werden." Weiter führt er aus, dass sich den bisherigen Feststellungen zum Ort und zum Ablauf der Feiern nicht in ausreichendem Maße entnehmen lasse, ob den Gästen ein besonderes qualitatives Ambiente oder ein besonderes Unterhaltungsprogramm geboten wurde (BFH Urteil vom 13.07.2016 - VIII R 26/14, Haufe Index 9948542).
Das FG hat daraufhin im zweiten Rechtsgang einen unangemessenen Repräsentationcharakter der Aufwendungen verneint. Betriebsausgaben, die für die Unterhaltung/Verpflegung von Geschäftsfreunden aufgewandt werden, würden jedenfalls dann keinem Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen, wenn sich die Aufwendungen für das Programm und die Verpflegung auf rd. 60 EUR pro Teilnehmer beschränken. Des Weiteren hat es im Urteilsfall den betrieblich veranlassten Teil der Aufwendungen in Höhe von 50 % geschätzt (FG Düsseldorf Urteil vom 31.07.2018 - 10 K 3355/16 F, U, Haufe Index 12699590). Doch damit war dieser Fall jedoch noch nicht beendet. Denn sowohl Verwaltung als auch die Klägerin haben beim BFH Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Entscheidung: Nichtzulassungsbeschwerden sind unbegründet
Das FG hat seiner Entscheidung keinen tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt, der von der bisherigen Rechtsprechung des BFH abweicht. Es hat der Vorentscheidung sinngemäß vielmehr folgenden tragenden Rechtssatz zugrunde gelegt: Bestehen nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen keine gewichtigen Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Dieser Rechtssatz entspricht dem Beschluss des Großen Senats zur Beurteilung gemischter Aufwendungen (BFH Beschluss vom 21.09.2009 - GrS 1/06, BStBl 2010 II S. 672, Haufe Index 2276796, unter C.III.3.e).
Das FG hält es danach, um zum Betriebsausgabenabzug gemischt veranlasster Aufwendungen zu gelangen, weder generell für unerheblich, ob ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen überwiegend beruflich veranlasst ist, noch formuliert es den Rechtssatz, dass objektiv nicht trennbare gemischt veranlasste Aufwendungen im Wege der Schätzung als Betriebsausgaben abgezogen werden können.
Hinweis: Beurteilung der Aufwendungen für eine Firmenfeier
Für die Beurteilung, ob die Aufwendungen für eine Feier beruflich oder privat veranlasst sind, ist in erster Linie auf den Anlass der Veranstaltung abzustellen. Nach der Rechtsprechung ist der Anlass allerdings nur ein erhebliches Indiz, nicht aber das allein entscheidende Kriterium. So kann des Weiteren von Bedeutung sein, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Mandanten, Geschäftsfreunde oder um Angehörige des öffentlichen Lebens oder um private Bekannte oder Angehörige handelt. Zu berücksichtigen ist außerdem, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet, ob sich die finanziellen Aufwendungen im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen und ob das Fest den Charakter einer privaten Feier aufweist oder nicht.
Ergibt diese Prüfung (wie im Besprechungsfall), dass die Aufwendungen gemischt veranlasst sind, weil daran sowohl Gäste aus dem privaten als auch dem beruflichen Umfeld teilgenommen haben, können die Gesamtkosten grundsätzlich anteilig nach Gästen aufgeteilt werden. Im Streitfall hatte das Finanzgericht jedoch Schwierigkeiten bei der eindeutigen Quantifizierung des beruflich veranlassten Anteils der zu den Herrenabenden erschienenen Gäste. Es konnte zum einen nicht eindeutig ermitteln, welche der eingeladenen Gäste tatsächlich erschienen sind. Zum anderen schloss es aus der Anrede in den Einladungskarten, dass verschiedene Mandanten, Geschäftskontakte und Personen des öffentlichen Lebens auch aufgrund einer persönlichen Veranlassung eingeladen wurden. Auf Grundlage dieser Feststellungen hat es den beruflich veranlassten Anteil auf 50 % geschätzt. Eine solche Schätzung war nach Ansicht des BFH im Besprechungsfall weder realitätsfremd noch unmöglich.
BFH Beschluss vom 21.03.2019 - VIII B 129/18 (NV) (veröffentlicht am 06.06.2019)
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