Betriebliche Nutzung des Ehegattengrundstücks
Hintergrund: Finanzierung durch den Nichtunternehmer-Ehegatten
Die Eheleute erwarben gemeinschaftlich ein bebautes Grundstück. Zur Finanzierung hatte die Ehefrau (F) Darlehen aufgenommen, für die der Ehemann (M) bürgte. Zins und Tilgung wurden von einem gemeinsamen Konto gezahlt, das als Oder-Konto (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis) geführt wurde. Zahlungen auf dieses Konto erfolgten im Wesentlichen aus den Einnahmen des M aus seiner Praxis. Nach dem Erwerb des Grundstücks teilten die Eheleute das Anwesen in Wohnungseigentum auf. Das Erdgeschoss stand im Alleineigentum der F. Sie vermietete es zur betrieblichen Nutzung an M.
Nachdem das FA das Mietverhältnis nicht anerkannte, machte M die auf das Darlehen gezahlten Schuldzinsen, AfA und Erhaltungsaufwendungen für die betrieblich genutzten Räume als Betriebsausgaben geltend. Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, M habe die Aufwendungen wirtschaftlich selbst getragen. Im Anschluss daran erließ das FA einen geänderten ESt-Bescheid, mit dem es die Erhaltungsaufwendungen gewinnmindernd erfasste. Mit der Revision wendet sich das FA gegen die Berücksichtigung der AfA und der Schuldzinsen. Nur diese beiden Punkte waren noch Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Entscheidung: Zahlung vom Oder-Konto für Rechnung des Schuldners
Ausgehend vom Nettoprinzip sind zur Einkunftserzielung getätigte Aufwendungen auch dann abziehbar, wenn und soweit sie auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden. Der Aufwand wird bilanztechnisch "wie ein materielles Wirtschaftsgut" behandelt. Damit sind die Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und nach den für Gebäude im Privatvermögen geltenden AfA-Regeln abzuschreiben (z. B. BFH-Urt. v. 9.3.2016, X R 46/14, BStBl II 2016, 976). Aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich ferner, dass der Steuerpflichtige die Betriebsausgaben persönlich tragen muss. Das gilt auch im Fall der Zusammenveranlagung.
Dementsprechend kann M keine AfA für das betrieblich genutzte Erdgeschoss als Betriebsausgaben geltend machen, da er diese Aufwendungen nicht getragen hat. Das Finanzierungsdarlehen wurde allein von F aufgenommen. Die Zahlungen zur Tilgung wurden von dem gemeinsamen Oder-Konto geleistet. Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten werden jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden. Gleichgültig ist, aus welchen Mitteln das Guthaben stammt. Danach handelt es sich bei den Zahlungen von dem gemeinsamen Konto um Aufwendungen der F. Die Zahlungen wurden für ihre Rechnung geleistet, da sie allein zur Rückzahlung verpflichtet war. Mangels eigener Aufwendungen ist M somit nicht zur Vornahme der AfA berechtigt. Hiervon ausgehend können auch die von M geltend gemachten Schuldzinsen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Auch diese wurden vom gemeinsamen Oder-Konto gezahlt und wurden somit auf Rechnung der F als Darlehensschuldnerin geleistet.
Hinweis: Abweichende Vereinbarungen zweckmäßig
Der BFH anerkennt grundsätzlich die AfA-Berechtigung und den Schuldzinsenabzug des Nichteigentümer-Ehegatten unter Hinweis auf die Grundsatzbeschlüsse des Großen Senats und die nachfolgende Rechtsprechung (Beschlüsse v. 30.1.1995, GrS 4/92, BStBl II 1995, 281, v. 23.8.1999, GrS 1/97, BStBl II 1999, 778, v. 23.8.1999, GrS 5/97, BStBl II 1999, 774; Urteile v. 25.2.2010, IV R 2/07, BStBl II 2010, 670, v. 9.3.2016, X R 46/14, BStBl II 2016, 976). Voraussetzung ist jedoch, dass der Unternehmer-Ehegatte die Aufwendungen persönlich getragen hat. Das entscheidet sich bei einem gemeinsamen Oder-Konto der Ehegatten grundsätzlich danach, wer den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen darüber bestehen. Unerheblich ist, ob es sich um ein betriebliches oder ein privates Konto handelt.
Auch die Grundsätze der Drittaufwands-Rechtsprechung greifen nicht ein, da F mit den Darlehenszahlungen keine Schuld des M, sondern ihre eigene Verbindlichkeit getilgt hat. Deshalb können M die Anschaffungskosten auch nicht im Wege des abgekürzten Vertragswegs zugerechnet werden. F wollte mit dem Darlehen und den darauf geleisteten Zahlungen M weder Geld noch die Anschaffungskosten der Räume zuwenden, da sie durch die Vermietung selbst Einkünfte erzielen wollte. Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei Finanzierung und Nutzung von Ehegatten-Immobilien die Gestaltung der Verträge nicht vernachlässigt werden darf.
BFH, Urteil v. 21.2.2017, VIII R 10/14, veröffentlicht am 7.6.2017
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