Hintergrund: "Ausschlachten" von Alt-PKW
Zu entscheiden war, ob die Veräußerung gebrauchter Fahrzeugteile, die der Verkäufer zuvor aus von Privatpersonen erworbenen Altfahrzeugen ausgebaut hat, der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterliegt. X kaufte in 2009 bis 2011 nicht mehr fahrtüchtige Gebrauchtfahrzeuge von Privatpersonen an, zerlegte sie in ihre Einzelteile und verkaufte diese. Das FA ging davon aus, die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) sei nur auf die Fälle anwendbar, in denen erworbener und veräußerter Gegenstand identisch seien. Da das hier nicht der Fall sei, unterlägen die Umsätze aus den Fahrzeugeinzelteilen dem Regelbesteuerungsverfahren. Die von A als nicht steuerbar erklärten Umsätze seien daher mit dem Nettobetrag der USt zu unterwerfen. Ebenso entschied das FG mit dem Hinweis auf das Identitätserfordernis für die Anwendung der Differenzbesteuerung.
Der BFH hatte das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH in dem Verfahren Sjelle Autogenbrug (Az. EuGH C-471/15) beschlossen. Inzwischen hat der EuGH in dieser Sache entschieden. Der EuGH bejaht die Differenzbesteuerung für den Verkauf von Einzelteilen aus Altfahrzeugen (Urteil v. 18.1.2017, DStRE 2017, 752, BFH/NV 2017, 558). Dem EuGH-Urteil folgend konnte der BFH nun über die Revision des A entscheiden.
Entscheidung: Differenzbesteuerung bei Verkauf ausgebauter Teile
Handelt der Unternehmer mit Fahrzeugteilen, die er durch Zerlegung von zu diesem Zweck erworbenen Fahrzeugen gewinnt, handelt er mit beweglichen körperlichen Gegenständen, die an ihn geliefert werden (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG). Nach der Entscheidung des EuGH handelt es sich bei aus Altfahrzeugen ausgebauten Teilen um "Gebrauchtgegenstände" i. S. v. Art. 311 Abs. 1 Nr. 1 MwStSystRL mit der Folge, dass die Lieferung durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung unterliegt. Dementsprechend ist § 25a UStG richtlinienkonform auszulegen.
Der Umsatz wird nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis übersteigt (§ 25a Abs. 3 Satz 1 UStG). Dabei ist der Umsatz für jeden vom Wiederverkäufer gelieferten Gegenstand grundsätzlich einzeln zu bestimmen (Einzeldifferenz). Bei Gegenständen, deren Einkaufspreis 500 EUR nicht übersteigt, kann der Wiederverkäufer die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze nach dem Gesamtbetrag bemessen, um den die Summe der Verkaufspreise die Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums übersteigt (Gesamtdifferenz; § 25a Abs. 4 UStG). Der Besteuerung nach der Gesamtdifferenz steht nicht entgegen, dass die Einkaufspreise für die Fahrzeuge 500 EUR überstiegen. Denn wenn mehrere Gegenstände für einen Gesamteinkaufspreis erworben und anschließend einzeln verkauft werden, ist der Gesamteinkaufspreis im Wege der Schätzung auf die einzelnen Gegenstände aufzuteilen. Das gilt auch dann, wenn – wie hier – ein Gegenstand erworben und dann in mehrere Gegenstände zerlegt wird, soweit der Kaufpreis für den einzelnen Gegenstand nach der Aufteilung 500 EUR nicht übersteigt.
Der BFH verwies den Fall an das FG zurück. Dieses muss zunächst prüfen, welche Lieferungen nach der Einzeldifferenz zu besteuern sind und für welche Lieferungen A die Gesamtdifferenz-Besteuerung wählen kann sowie ob bei A entsprechende Aufzeichnungen vorhanden sind.
Hinweis: Abweichung vom USt-Anwendungserlass
Im Anschluss an die Auffassung des EuGH (Urteil v. 18.1.2017, C-471/15, DStR 2017, 752) widerspricht der BFH der Verwaltungsauffassung in Abschnitt 25a.1 Abs. 4 Satz 5 UStAE. Nach Ansicht der Verwaltung ist die Differenzbesteuerung nicht anwendbar, wenn – wie hier beim "Ausschlachten" eines Fahrzeugs – nachfolgend einzelne Teile geliefert werden. Der BFH weist darauf hin, dass die Gesamtdifferenz bezogen auf einzelne Besteuerungszeiträume und die in diesen Besteuerungszeiträumen verkauften Fahrzeugteile zu ermitteln ist, nicht bezogen auf einzelne Fahrzeuge. Kann der Wiederverkäufer die Voraussetzungen für das Gesamtdifferenz-Verfahren nicht nachweisen, ist die Einzeldifferenz maßgeblich.
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