Ökopunkte in der Gemeinnützigkeit
Hintergrund: Ist der Verkauf von Ökopunkten dem ideellen Bereich einer gemeinnützigen Stiftung zuzurechnen?
Streitig war, ob die Gewinne einer gemeinnützigen Stiftung aus dem Verkauf von Ökopunkten dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen und damit steuerpflichtig sind oder der ideelle Bereich der Stiftung betroffen ist.
Gemeinnützige Stiftung betreibt Renaturierung eines Flusses
Die Klägerin ist eine als rechtsfähig anerkannte, gemeinnützige Stiftung. Zweck ist u.a. die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Im Rahmen dieses Satzungszwecks betreibt die Klägerin die großflächige Renaturierung des Flusses X, indem sie große Teile des am Fluss gelegenen Landes in eine Auenlandschaft verwandelt.
Naturschutzbehörde schrieb Ökopunkte gut
Für die Renaturierung schrieb die zuständige Naturschutzbehörde der Klägerin Ökopunkte gut, und zwar aufgrund von § 16 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) i.d.F. des Streitjahrs 2013.
Finanzamt bejaht die Steuerpflicht der Erlöse aus dem Verkauf der Ökopunkte
Die Klägerin gab in ihrer Körperschaftsteuererklärung 2013 im Rahmen eines Zweckbetriebes "Renaturierung" Einnahmen (aus der Veräußerung von Ökopunkten) von 3.606 EUR an, die das Finanzamt im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterwarf. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid und einen Gewerbesteuermessbescheid.
FG ist anderer Auffassung
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das FG mit seinem (in EFG 2017 S. 861) veröffentlichten Urteil statt, indem es die Steuer-Bemessungsgrundlage um die Erlöse aus dem Verkauf der Ökopunkte minderte. Hinsichtlich des Verkaufs der Ökopunkte fehle es an den Voraussetzungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, weil dieser Verkauf keine vom steuerbegünstigten Tätigkeitsbereich trennbare, sachlich selbständige Betätigung darstelle und mithin die Voraussetzungen des § 14 AO nicht erfülle.
Revision des Finanzamts
Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Zwar sei das Entstehen der Ökopunkte als Ausfluss der gemeinnützigen Tätigkeit zu bewerten; erst die unternehmerische Entscheidung zum Verkauf unter Vermittlung der Naturschutzbehörden und der Landesgesellschaft führe aber zur Einnahmeerzielung. Das Finanzamt beantragt sinngemäß, das Urteil zu ändern, indem die erzielten Gewinne aus dem Verkauf der Ökopunkte in Höhe von 3.606 EUR als steuerpflichtiger Gewinn aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb anzusehen sind.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat die Revision des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen. Zutreffend hat das FG die Erlöse aus dem Verkauf der Ökopunkte als steuerfrei behandelt. Werden im Zusammenhang mit der satzungsgemäßen Tätigkeit einer gemeinnützigen Stiftung zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes Ökopunkte zugeteilt, die nur durch den Verkauf verwertet werden können, ist der Erlös aus diesem Verkauf ebenso wie die zugrunde liegende Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG steuerfrei.
Verkauf der Ökopunkte ist nicht dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen
Der Verkauf der Ökopunkte ist keinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) zuzuordnen. Nach § 14 Satz 1 AO ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Der Verkauf der Ökopunkte ist keine selbständige Tätigkeit, sie ist allein durch die steuerbefreite Tätigkeit nach dem Satzungszweck veranlasst, dem ideellen Bereich zuzuordnen und damit auch sachlich nicht von dieser Tätigkeit abzugrenzen.
Hinweis: Ökopunkte sind Folge der gemeinnützigen Tätigkeit
Ökopunkte werden als Folge der gemeinnützigen Tätigkeit der Renaturierung vergeben. Die Vergabe der Ökopunkte ist die zwangsläufige und unmittelbare Folge der gemeinnützigen Tätigkeit der Flussrenaturierung. Denn diese gemeinnützige Tätigkeit und die damit verbundene ökologische Aufwertung der renaturierten Flusslandschaft sind der alleinige Grund und auch der Maßstab für die Ausgabe und Bewertung der Ökopunkte. Der Veranlassungszusammenhang zwischen der satzungsmäßigen Tätigkeit und der Ausgabe der Ökopunkte setzt sich am Verkauf der Ökopunkte fort. Denn nach den Feststellungen des FG stellt sich der Verkauf als einzige sachgerechte Verwendungsalternative dar. Ohne die gemeinnützige Betätigung im Naturschutz gibt es keine Ökopunkte und ohne diese keine entsprechenden Verkäufe. Ist aber die Renaturierungsmaßnahme als gemeinnützige Tätigkeit - wie hier - dem ideellen Bereich der Stiftung und nicht dem Gewerbebetrieb zuzuordnen, gilt diese Zurechnung auch für die damit unmittelbar zusammenhängenden Erlöse aus dem Verkauf der Ökopunkte.
Getrennte Beurteilung des Verkaufs der Punkte würde gegen das Nettoprinzip verstoßen
Den Verkauf der Punkte getrennt zu beurteilen, würde gegen das Nettoprinzip (§ 2 Abs. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 7 Satz 1 GewStG) verstoßen. Wäre die Klägerin nicht gemeinnützig tätig, könnte sie die Aufwendungen für die Renaturierung als Betriebsausgaben absetzen und müsste umgekehrt den Erlös der Ökopunkte als Betriebseinnahmen versteuern. Allein das Ergebnis (der Gewinn oder der Verlust) aus der Differenz zwischen den Einnahmen (Verkauf der Ökopunkte) und den Aufwendungen (Renaturierung) müsste der Steuer unterworfen werden.
BFH Urteil vom 24.01.2019 - V R 63/16 (veröffentlicht am 08.05.2019)
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