Bilanzierung von Verbindlichkeiten: Keine Passivierung bei sog. qualifiziertem Rangrücktritt (BFH)
Hintergrund
Die A-GmbH schloss 1995 mit der B-GmbH einen Darlehens- und Rangrücktrittsvertrag, worin sich B verpflichtete, A ein entsprechend ihrem finanziellen Bedarf abrufbares Darlehen mit einem Kreditrahmen von bis zu 15 Mio. DM zu gewähren. Es war vereinbart, dass bei einer Überschuldung von A die Forderung der B im Rang hinter die Forderungen der übrigen Gläubiger zurücktritt und dass B die Rückzahlung nur aus künftigen Jahresüberschüssen oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen kann.
A war 1995 und in der Folgezeit überschuldet. Das Finanzamt entschied, die von A passivierte Verbindlichkeit (von rund 16 Mio. DM) sei gewinnwirksam aufzulösen.
Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG; entsprechende Verpflichtungen sind ab 1999 aufzulösen). Das Finanzgericht hielt die Vorschrift für nicht einschlägig und gab der Klage statt. Denn es bestehe keine ausschließliche Gewinnabhängigkeit, da A auch mit dem Liquidationserlös hafte und außerdem bei einem Rangrücktritt die Forderung bereits entstanden sei.
Entscheidung
Der BFH hält - entgegen dem Finanzgericht - das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG für anwendbar. Die Verbindlichkeiten waren aufzulösen. Das Finanzgerichtsurteil wurde aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Eine Verbindlichkeit, für die ein Rangrücktritt (die Forderung tritt hinter die Forderungen der übrigen Gläubiger zurück) vereinbart ist und die nur aus künftigen Überschüssen zu erfüllen ist, ist nicht auszuweisen. Die Einschränkung, die Regelung sei für den Fall des Rangrücktritts nicht anwendbar, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Außerdem wäre die Passivierung auch nicht gerechtfertigt. Denn der Schuldner ist, solange die Gewinne nicht erzielt sind, in seinem Vermögen noch nicht belastet.
Die Passivierung ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Darlehen nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem eventuellen Liquidationserlös zu bedienen sind. Eine solche Vereinbarung belastet den Schuldner nicht stärker, als wäre die Verbindlichkeit gegen eine Besserungsabrede erlassen worden. Für diesen Fall ist keine Verbindlichkeit zu passivieren, da nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung der Liquidationsfall noch nicht berücksichtigt zu werden braucht. Es ist daher gerechtfertigt, den Rangrücktritt auch hinsichtlich der Zahlung aus einem Liquidationsüberschuss wie einen Erlass mit Besserungsabrede zu behandeln und die Verbindlichkeit nicht auszuweisen.
Anmerkung
Der BFH verweist ergänzend auf das BMF-Schreiben v. 8.9.2006, BStBl I 2006, 497, mit der Unterscheidung zwischen einfachem und qualifiziertem Rangrücktritt.
Urteil v. 30.11.2011, I R 100/10, veröffentlicht am 29.2.2012
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024