Vorfälligkeitsentschädigung bei Beendigung der doppelten Haushaltsführung
Hintergrund: Veräußerung einer beruflichen Zweitwohnung und Vorfälligkeitsentschädigung wegen Tilgung des Finanzierungsdarlehens
Die Eheleute unterhielten in 2012 einen gemeinsamen Haushalt in K. Der Ehemann war bis Ende 2011 nichtselbständig in Berlin beschäftigt. Wegen dieser beruflichen Tätigkeit bewohnte er eine Eigentumswohnung in Berlin, die die Eheleute als hälftige Miteigentümer in 2003 erworben hatten. Zur Finanzierung der AK hatten sie ein Darlehen aufgenommen, das zum 30.11.2013 zurückzuzahlen war. Das Darlehen war nicht mit der Wohnung besichert.
Im November 2011 veräußerten die Eheleute die Wohnung. Der Veräußerungserlös floss ihnen im Januar 2012 zu. Im April 2012 leisteten sie wegen der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens aufgrund eines Aufhebungsvertrags mit der Sparkasse eine Vorfälligkeitsentschädigung von rund 9.000 EUR. Bei der ESt-Veranlagung für 2012 ließ das FA diese Vorfälligkeitsentschädigung nicht zum WK-Abzug zu. Dem folgte das FG und wies die Klage im Streitpunkt ab.
Entscheidung: Kein WK-Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung anlässlich Verkaufs der Zweitwohnung
Wohnt der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort nicht zur Miete, sondern in einer eigenen Wohnung, kann er anstelle des Mietzinses AfA und Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als WK im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend machen. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung. Denn die Vorfälligkeitsentschädigung ist ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital.
Der Veranlassungszusammenhang mit der beruflichen doppelten Haushaltsführung kann jedoch durch spätere Ereignisse überlagert oder ersetzt werden. Der BFH zieht eine Parallele zur vorzeitigen Ablösung eines Finanzierungsdarlehens anlässlich des Verkaufs einer vermieteten Immobilie. Für diesen Fall hat der BFH den Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung abgelehnt. Denn durch die Veräußerung wurde der ursprünglich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang der Darlehensaufnahme mit der Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt (BFH v. 11.2.2014, IX R 42/13, BStBl II 2015, 633). Entsprechendes gilt bei beruflicher Nutzung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. Auch hier wird durch die Beendigung der doppelten Haushaltsführung und die Veräußerung der Wohnung der ursprünglich in der beruflichen Nutzung der Immobilie wurzelnde Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aufgelöst und ein neuer - regelmäßig nicht steuerbarer - Veranlassungszusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft begründet.
Veräußerung als auslösendes Moment der Zahlung
Dementsprechend ist im Streitfall die Vorfälligkeitsentschädigung nicht abziehbar. Das auslösende Moment für die Zahlung ist die Veräußerung, nicht die berufliche Nutzung. Mit der Veräußerung hat das Darlehen seinen Nutzen für die Erzielung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verloren. Damit handelt es sich bei der Vorfälligkeitsentschädigung nicht um Mehraufwendungen wegen der beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung (oder deren Beendigung), sondern um eine Folge der Änderung des ursprünglichen Darlehensvertrags. Die Entschädigung ist daher nicht den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit, sondern dem - vorliegend unstreitig nicht steuerbaren - Veräußerungsgeschäft zuzuordnen.
Hinweis: Wertende Beurteilung des die Aufwendungen auslösenden Moments
Der BFH verdeutlicht, dass allein ein abstrakter Kausalzusammenhang (Ursache-Folge-Verhältnis im Sinne einer conditio sine qua non) für die Zuordnung von Aufwendungen zu einer Einkunftsart nicht ausreicht. Entscheidend ist die wertende Beurteilung des die Aufwendungen auslösenden Moments. Diese Wertung ergibt im Streitfall, dass der ursprüngliche wirtschaftliche Zusammenhang der Vorfälligkeitsentschädigung mit der beruflichen doppelten Haushaltsführung durch die Veräußerung überlagert bzw. ersetzt wurde. Das FG weist in seiner Entscheidung zutreffend darauf hin, dass damit nicht generell der WK-Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist. Fällt die Entschädigung z.B. wegen vorzeitiger Tilgung durch ein Umschuldungsdarlehen an, ist der WK-Abzug nicht ausgeschlossen, sofern die Immobilie weiterhin wie zuvor als Erwerbsgrundlage genutzt wird.
BFH Urteil vom 03.04.2019 - VI R 15/17 (veröffentlicht am 29.05.2019)
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