Einspruch nach Teil-Einspruchsentscheidung

Gegen eine vor Ablauf der Einspruchsfrist ergangene (Teil-)Einspruchsentscheidung ist ein nochmaliger Einspruch nicht statthaft.

Hintergrund

Die Eheleute machten in ihrer ESt-Erklärung u.a. Reisekosten geltend, die das FA nur zu 80 % anerkannte. Mit ihrem Einspruch wandten sie sich jedoch - im Hinblick auf anhängige Musterverfahren - nur gegen die Kürzung der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Krankheitskosten um die zumutbare Belastung.

Daraufhin erließ das FA - noch vor Ablauf der Einspruchsfrist - eine Teileinspruchsentscheidung. Es wies den Einspruch, soweit er nicht die Kürzung der außergewöhnlichen Belastungen betraf, als unbegründet zurück und wies darauf hin, für die übrigen Punkte hätten die Eheleute auch keine Einwände gegen die Steuerfestsetzung erhoben.

Noch innerhalb der Einspruchsfrist legten die Eheleute erneut Einspruch gegen den ESt-Bescheid ein und beantragten in einer nachgereichten Begründung die erklärungsgemäße Berücksichtigung der Fahrtkosten.

Mit einer weiteren Einspruchsentscheidung verwarf das FA den (erneuten) Einspruch als unzulässig. Das FG wies die daraufhin erhobene Klage mit der Begründung ab, ein erneuter Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist sei unstatthaft, wenn der erste Einspruch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist durch Teileinspruchsentscheidung abgewiesen worden sei.       

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das FA hat den (erneuten) Einspruch zu Recht als nicht statthaft verworfen.

Gegen Steuerbescheide (Verwaltungsakte) ist der Einspruch statthaft. Soweit das Einspruchsverfahren durch eine wirksame Einspruchsentscheidung abgeschlossen wird, können Verwaltungsakten nur noch mit der Klage angefochten werden. Ein erneuter Einspruch gegen die Steuerfestsetzung ist nicht mehr zulässig.

Der ursprüngliche Verwaltungsakt und die Einspruchsentscheidung bilden einen Rechtsverbund. Denn der ursprüngliche Verwaltungsakt ist mit dem Inhalt zu beurteilen, den er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat. Diese verfahrensrechtliche Einheit hat zum einen zur Folge, dass die Einspruchsentscheidung - obwohl Verwaltungsakt - nicht nochmals mit dem Einspruch (und in der Regel auch nicht "isoliert") angefochten werden kann. Zum anderen kann auch gegen den Ausgangsbescheid - in seiner ursprünglichen Gestalt - nach dem Ergehen einer Einspruchsentscheidung nicht nochmals Einspruch eingelegt werden. Denn in seiner ursprünglichen Form existiert der Ausgangsbescheid verfahrensrechtlich nicht mehr.

Dementsprechend steht der Statthaftigkeit des erneuten Einspruchs die Teileinspruchsentscheidung entgegen. Einwendungen hiergegen können nur im Rahmen eines dagegen gerichteten Klageverfahrens geltend gemacht werden.

Eine Auslegung des (nochmaligen) Einspruchs als Klage gegen die ESt-Festsetzung in der Gestalt der Teileinspruchsentscheidung lehnt der BFH für den Streitfall ab. Denn die Eheleute hatten ausdrücklich Einspruch eingelegt und nicht den Willen zu einer gerichtlichen Überprüfung der Teileinspruchsentscheidung erkennen lassen. Schließlich lagen auch die Voraussetzungen für eine schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vor. Denn die Eheleute hatten erst nach Ablauf der Klagefrist ihr Änderungsbegehren (betreffend die Reisekosten) konkretisiert.

Hinweis

Entscheidet das FA über Teile des Einspruchs (hier: außergewöhnliche Belastungen) durch Teileinspruchsentscheidung, ist dagegen somit nur die Klage (kein erneuter Einspruch) möglich. Über den Teilsteueranspruch kann mit der Klage eine finanzgerichtliche Entscheidung beantragt werden. Entscheidet das FA später abschließend über die übrigen Besteuerungsgrundlagen (hier: Reisekosten) kann dagegen eine weitere Klage erhoben werden. Wenn dann über die Klage gegen die Teileinspruchsentscheidung noch nicht entschieden ist, kann das FG die Verfahren verbinden.

Im Streitfall war dem BFH die Auslegung des erneuten Einspruchs im Sinne einer Klage nicht möglich. Denn die Eheleute waren fachkundig vertreten und die Rechtsmittelbelehrung in der Teileinspruchsentscheidung wies wohl auf die Klage hin und war damit korrekt. Wegen der nicht einfachen verfahrensrechtlichen Situation sollte in solchen Fällen allerdings mit einer entsprechenden Auslegung geholfen und ein erneuter "Einspruch" im Sinne einer Klage verstanden werden. Denn im Zweifel ist der Beteiligte bestrebt, von dem gegebenen Rechtsbehelf Gebrauch zu machen. Das wäre die Klage, die auch beim FA fristgerecht angebracht werden kann.  

Urteil v. 18.9.2014, VI R 80/13, veröffentlicht am 19.11.2014

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