Entfernungspauschale für Fahrten zum Vermietungsobjekt
Sachverhalt:
Die Steuerpflichtigen erzielten u. a. Einkünfte aus der Vermietung von 2 Wohnobjekten. In der Einkommensteuererklärung machten die Steuerpflichtigen Fahrtkosten i. H. v. 3.224 gefahrenen Kilometern pauschal mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer = 967,20 EUR für Fahrten zu den beiden Vermietungsobjekten geltend, die sie anteilig als Werbungskosten bei beiden Objekten erklärten. Das Finanzamt hat die Kosten für die Fahrten zu den beiden Vermietungsobjekten nur mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG berücksichtigt, da der Ansatz tatsächlicher Fahrtkosten nur im Falle gelegentlicher Fahrten zu Vermietungsobjekten in Betracht komme.
Entscheidung:
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist der Ort der regelmäßigen Tätigkeitsstätte für jedes einzelne Mietobjekt gesondert zu bestimmen, sodass ein Steuerpflichtiger zwar für jedes Vermietungsobjekt nur eine regelmäßige Tätigkeitsstätte haben kann, bei Vorliegen mehrerer Vermietungsobjekte innerhalb der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung aber mehrere regelmäßige Tätigkeitsstätten vorliegen können. Das Finanzgericht geht auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern davon aus, dass eine regelmäßige Tätigkeitsstätte am Vermietungsobjekt nur angenommen werden kann, wenn sich am Vermietungsobjekt im Wege einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls der quantitative und qualitative Mittelpunkt der gesamten – auf dieses Objekt bezogenen – auf die Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit des Steuerpflichtigen befindet. Gegen eine Einordnung des Vermietungsobjekts als regelmäßige Tätigkeitsstätte spreche insbesondere, wenn dieses nur gelegentlich aufgesucht wird. Regelmäßige Fahrten zum Vermietungsobjekt zur Vornahme umfangreicher Verwaltungs-, Instandhaltungs-, Überwachungs- und Pflegetätigkeiten sprechen für eine insoweit regelmäßige Tätigkeitsstätte. Klargestellt hat das Finanzgericht, dass die Entfernungspauschale auch bei mehreren Fahrten am selben Tag zum selben Objekt nur einmal zu gewähren ist und insoweit alle Fahrten am selben Tage abgelte.
Praxishinweis:
Unter welchen Voraussetzungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der BFH hat lediglich entschieden, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, Abs. 3 EStG auf Fahrtkosten, die zu den Herstellungskosten des Vermietungsobjekts gehören, nicht anwendbar ist, weil die Herstellungskosten als Grundlage für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung und der erhöhten Absetzungen bei den Überschusseinkünften in gleicher Weise wie bei den Gewinneinkünften zu ermitteln sind (BFH, Urteil v. 10.5.1995, IX R 73/91, BStBl 1995 II S. 713). Zu dieser Problematik liegen einige Entscheidungen von Finanzgerichten zur Auslegung des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte im Fall von Vermietungseinkünften vor (vgl. z. B. Hessisches FG, Urteil v. 29.4.1993, 10 K 3886/89, EFG 1993 S. 781; FG Düsseldorf, Urteil v. 4.6.1991, 6 K 89/86 E, EFG 1992 S. 67). In der Literatur wird überwiegend danach unterschieden, ob Fahrten zu dem Mietobjekt nur gelegentlich, in diesem Fall Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten, oder regelmäßig durchgeführt werden, mit der Folge der Anwendung der Entfernungspauschale. Auch die Finanzverwaltung lässt den Ansatz der tatsächlichen Fahrtkosten nur im Falle von gelegentlichen Fahrten zu dem vermieteten Grundstück zu (s. R 21.2 Abs. 4 Satz 4 EStR).
Der Steuerpflichtige hat Revision beim BFH eingelegt (Az. des BFH: IX R 18/15). In gleich gelagerten Fällen sollten die Steuerpflichtigen Einspruch einlegen und im Hinblick auf die anhängige Revision Ruhen des Verfahrens beantragen.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 11.2.2015, 7 K 7084/13, Haufe Index 7744908
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Erschütterung des Anscheinsbeweises für eine private Fahrzeugnutzung
23.12.2024
-
Auftragsprüfung bei einem Steuerberater
23.12.2024
-
Sichere Übermittlung einfach signierter Dokumente aus dem beA
23.12.2024
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 19.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024