Ertrag aus Währungskurssicherungsgeschäft erhöht steuerfreien Veräußerungsgewinn aus Anteilsverkauf
Hintergrund: Gewinne aus Währungskurssicherungsgeschäften
Die X-AG kaufte mit Vertrag vom 10.06.2002 auf US-Dollar-Basis Anteile an der Y-Inc. Das Eigentum an den börsengehandelten Anteilen ging am 22.08.2002 auf die X-AG über. Zwischen dem 18.06.2002 und dem 05.08.2002 schloss die X-AG mehrere Devisentermingeschäfte zur Kurssicherung ab. Die X-AG beabsichtigte (nach ihren Angaben) bereits zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs, diese wieder zu veräußern. Bilanziell behandelte sie das Grundgeschäft (Aktienbestand) und das jeweilige Sicherungsgeschäft als Bewertungseinheit.
In 2004 und 2005 (Streitjahre) veräußerte die X-AG die Anteile in mehreren Tranchen. Aus den Veräußerungen in 2004 ergab sich ein Buchgewinn von 13 Mio. EUR und aus den Veräußerungen in 2005 ein Buchverlust von 12 Mio. EUR. Die in 2002 abgeschlossenen und zwischenzeitlich mehrmals verlängerten (revolvierenden) Kurssicherungsgeschäfte ermöglichten es der X-AG, den in US-Dollar vereinnahmten Kaufpreis zu den in den Devisentermingeschäften vorab festgelegten Umtauschkursen in Euro zu tauschen. Hierbei realisierte die X-AG Kursgewinne von 10 Mio. EUR (2004) und 13 Mio. EUR (2005).
In ihren handelsrechtlichen Abschlüssen wies die X-AG den Gewinn aus der Veräußerung der Anteile unter Einbeziehung der Kursgewinne aus den Devisentermingeschäften ("brutto") aus. In ihren Steuererklärungen behandelte sie diesen Gesamtgewinn als steuerfrei (unter Abzug von 5 % als nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG).
Das FA beanstandete die Einbeziehung der Erträge aus den Sicherungsgeschäften in die Ermittlung der nach § 8b Abs. 2 KStG freigestellten Veräußerungsgewinne. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab.
Entscheidung: Der Ertrag aus einem Währungskurssicherungsgeschäft ist Bestandteil des Veräußerungspreises
Die Einbeziehung des Ertrags aus den Devisentermingeschäften in das nach § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG zu ermittelnde steuerfreie Veräußerungsergebnis kann nicht bereits daraus abgeleitet werden, dass die X-AG in ihren Handels- und Steuerbilanzen den Aktienbestand und die Sicherungsgeschäfte als Bewertungseinheiten erfasst hat. § 254 Satz 1 HGB (i.d.F. des BilMoG v. 25.5. 2009, BStBl I 2009, 650) ermöglicht die Bildung von Bewertungseinheiten in der Handelsbilanz. Nach § 5 Abs. 1a EStG n.F. (eingefügt durch das Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen v. 28.4.2006, BStBl I 2006, 353) sind die handelsrechtlich zur Risikoabsicherung gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.
Unabhängig von Bewertungseinheiten sind Grund- und Sicherungsgeschäft als Einzelgeschäfte zu betrachten
Für den Streitfall kann offen bleiben, ob – was im Schrifttum umstritten ist - auch schon in der Zeit vor Inkrafttreten dieser Regelungen Bewertungseinheiten in der handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlung anerkannt werden können. Selbst wenn man dem folgen würde und dementsprechend die von der X-AG gebildete Bewertungseinheit steuerbilanziell anzuerkennen wäre, würde diese Bewertungseinheit nichts daran ändern, dass die Regelungen des § 8b Abs. 2 KStG jeweils isoliert auf die in die Bewertungseinheit einbezogenen Wirtschaftsgüter anzuwenden sind. Denn für die Einwirkung der Bewertungseinheit auf den Veräußerungsgewinn im Rahmen des § 8bAbs. 2 EStG fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Berücksichtigung des Sicherungsgewinns aufgrund Veranlassung durch die Anteilsverkäufe
Die Erträge aus Währungskurssicherungsgeschäften sind bei der Ermittlung des Veräußerungsergebnisses i.S. von § 8b Abs. 2 Satz 2 EStG als Teil des Veräußerungspreises zu berücksichtigen, wenn sie durch die Anteilsverkäufe veranlasst sind und diesen konkret zugeordnet werden können.
Minderung des Veräußerungsgewinns durch Verluste
Verluste aus Devisentermingeschäften, die ausschließlich zum Ausschluss bzw. zur Minderung des Währungskursrisikos einer konkret geplanten, in Fremdwährung abzuwickelnden Anteilsveräußerung abgeschlossen worden sind, mindern als Bestandteil der Veräußerungskosten i.S. von § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG den Veräußerungsgewinn.
Nach der BFH-Rechtsprechung sind als Veräußerungskosten Aufwendungen anzusehen, die in einem Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung stehen. Abzustellen ist auf das auslösende Moment für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn (BFH v, 27.3.2013, I r 14/12, BFH/NV 2013, 1768, zu § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG, BFH v. 6.12.2005, VIII R 34/04, BStBl II 2006, 265, zu § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dementsprechend handelt es sich bei Verlusten eines Anteilsverkäufers aus gegenläufigen Devisentermingeschäften, die dieser vor dem Verkauf mit dem ausschließlichen Zweck abgeschlossen hat, den erwarteten Verkaufserlös gegen Währungskursrisiken abzusichern, um Veräußerungskosten. Das "auslösende Moment" liegt in der geplanten Veräußerung. Die Verluste weisen daher eine größere Nähe zur Veräußerung auf als zum laufenden Gewinn.
Keine unterschiedliche Behandlung von Verlusten und Gewinnen
Können sonach im Rahmen des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG Verluste aus Kurssicherungsgeschäften auf die Höhe des steuerfreien Veräußerungsgewinns einwirken, muss Entsprechendes auch für Gewinne aus Sicherungsgeschäften gelten. Dafür spricht zum einen, dass § 8b Abs. 2 KStG ersichtlich auf eine "symmetrische" Freistellung von Veräußerungsgewinnen (Abs. 2 Satz 1) einerseits und Wertminderungen im Zusammenhang mit dem Anteil (Abs. 3 Satz 3) andererseits ausgerichtet ist. Dieser gesetzgeberischen Intention würde eine unterschiedliche Behandlung von Verlusten und Gewinnen aus Währungskurssicherungsgeschäften zuwiderlaufen.
Die Nichtberücksichtigung widerspräche der Kapitalverkehrsfreiheit
Darüber hinaus ist dieses Normverständnis auch aus unionsrechtlichen Gründen geboten. Eine "asymmetrische" Einbeziehung nur von Verlusten aus zur Währungskurssicherung abgeschlossenen Geschäften, nicht aber von spiegelbildlichen Gewinnen in die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG würde die Kapitalverkehrsfreiheit, die auch im Verkehr mit Drittstaaten (hier: USA) gewährleistet ist, beschränken. Denn sie könnte einen potentiellen Anleger davon abhalten, in ausländische Beteiligungen zu investieren.
Feststellung der Veräußerungsabsicht und des Sicherungszwecks
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat keine eigenen Feststellungen zur Wiederveräußerungsabsicht der X-AG und zum Sicherungszweck der Devisentermingeschäfte getroffen, sondern insoweit lediglich den Vortrag der X-AG wiedergegeben. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang zwischen Grund- und Sicherungsgeschäft in der hier vorliegenden Konstellation eines "antizipativen" Sicherungsgeschäfts liegt nur vor, wenn der Zweck der Devisentermingeschäfte aus Sicht der X-AG ausschließlich auf Minimierung des Währungskursrisikos in Bezug auf die konkret erwarteten Veräußerungserlöse ausgerichtet war. Unspezifische globale Absicherungen für Währungskursrisiken einer Vielzahl von Grundgeschäften sind in diesem Zusammenhang nicht zu berücksichtigen.
Hinweis: Offene Fragen
Die Frage, welchen Einfluss eine steuerbilanziell anzuerkennende Bewertungseinheit bei Erfüllung des Grund- und des Sicherungsgeschäfts (hier: durch Veräußerung der Aktien und Ausführung der Devisentermingeschäfte) auf die steuerliche Gewinnermittlung hat, ist umstritten. Der BFH schließt sich – jedenfalls für die Zeit vor Geltung des § 5 Abs. 1a n.F. - der Meinung an, dass sich die Bewertungseinheit im Rahmen des § 8b Abs. 2 KStG nicht auswirkt, da § 8b Abs. 2 KStG isoliert auf die in die Bewertungseinheit einbezogenen Wirtschaftsgüter anzuwenden ist. Die weitere Frage, ob schon vor der gesetzlichen Neuregelung Bewertungseinheiten anzuerkennen waren, konnte daher offen bleiben.
Ebenfalls unentschieden ließ der BFH, ob er dem zu § 17 Abs. 2 EStG ergangenen Urteil vom 02.04.2008 - IX R 73/04 (BFH/NV 2008, 1658) folgen könnte. Dort hat der BFH entschieden, Devisengeschäfte, mit denen der Veräußerer den Anteilskaufpreis absichert, seien im Rahmen des Veräußerungspreises "irrelevant". Eine abschließende Entscheidung oder eine Vorlage an den großen Senat ist in dem aktuellen Streitfall, der § 8b Abs. 2 KStG betrifft, nicht veranlasst.
BFH Urteil vom 10.04.2019 - I R 20/16 (veröffentlicht am 17.10.2019)
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