Erwerb einer Jahresnetzkarte als Arbeitslohn
Hintergrund:
Ein Arbeitgeber (A) hatte mit zwei Verkehrsbetrieben Vereinbarungen über die Ausgabe sog. Jobtickets (ermäßigte und nicht übertragbare Jahreskarten für das Verkehrs-Verbundnetz) für ihre Mitarbeiter getroffen. Danach zahlte A an die Verkehrsbetriebe monatlich einen bestimmten Grundbetrag für alle Arbeitnehmer mit Wohnort in bestimmten Postleitzahlbezirken (im Durchschnitt 6,135 € je Mitarbeiter), wodurch diese das Recht erhielten, ein sog. Jobticket zu erwerben. Das Finanzamt sah darin einen Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 EStG, den es mit 73,72 € je Arbeitnehmer (12 x 6,135 €) bewertete. Da dieser Sachbezug den Arbeitnehmern nicht monatlich, sondern in vollem Umfang mit dem Erwerb des Jobtickets zugeflossen sei, ging es davon aus, dass die monatliche 44 €-Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG überschritten sei. Die Klage des A gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des BFH:
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Entscheidung zurück.
Nach Auffassung des BFH hat das Finanzgericht zutreffend das von A den Arbeitnehmern eingeräumte Recht zum Bezug einer vergünstigten Jahresnetzkarte als zu besteuernden Sachbezug und nicht als Barlohn beurteilt. Der geldwerte Vorteil ist den Arbeitnehmern auch nicht monatlich, sondern einmalig mit dem Erwerb der jeweiligen Jahreskarte zugeflossen. Bei Arbeitnehmern, die das Bezugsrecht nicht ausgeübt und keine Jahresnetzkarte erworben haben, kann dabei kein Zufluss angenommen werden. Denn allein das Einräumen von Ansprüchen kann den Zufluss von Arbeitslohn nicht bewirken.
Allerdings haben das Finanzamt und das Finanzgericht – so der BFH – die Höhe des geldwerten Vorteils unzutreffend ermittelt und deshalb die Bemessungsgrundlage der Lohnsteuerhaftungsschuld fehlerhaft bestimmt.
Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Darum bemisst sich im Streitfall der den Arbeitnehmern zugewendete geldwerte Vorteil unabhängig von den Aufwendungen des Arbeitgebers. Der geldwerte Vorteil ergibt sich auch nicht bereits aus der Differenz zwischen dem üblichen Endpreis (Verkaufspreis) einer mit den von den Arbeitnehmern bezogenen vergleichbaren Jahreskarte und den diesbezüglichen Aufwendungen der Arbeitnehmer. Vielmehr sind darüber hinaus noch die üblichen Preisnachlässe, die die Verkehrsbetriebe im Rahmen eines Jobticketprogramms den Arbeitnehmern gewähren – und damit der in der Regel über Zuzahlungen des Arbeitgebers an die Verkehrsbetriebe hinausgehende Nachlass - auf den üblichen Endpreis vorteilsmindernd zu berücksichtigen.
Urteil v. 14.11.2012, VI R 56/11, veröffentlicht am 20.2.2013
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