Erziehungsrenten sind mit dem Besteuerungsanteil zu besteuern
Hintergrund
A ist Mutter zweier minderjähriger Kinder. Ihr geschiedener Ehemann ist 2007 verstorben. Darauf erhielt A im Streitjahr 2008 eine Erziehungsrente nach § 47 SGB VI in Höhe von 7.920 EUR. Das FA erfasste bei A 56 % der Rente abzüglich des Werbungskostenpauschbetrags (102 EUR) - somit 4.333 EUR - als sonstige Einkünfte.
A wandte ein, bei der Rente handele es sich um den Ersatz weggefallener Unterhaltsleistungen des verstorbenen Vaters ihrer Kinder, der - ebenso wie die Unterhaltsleistungen selbst - steuerfrei bleiben müsse. Die Rente ende mit Erreichen des 18. Lebensjahrs der Kinder und sei mit einer Altersrente nicht vergleichbar. A hatte damit beim FA und beim FG und letztlich auch mit der Revision beim BFH keinen Erfolg.
Entscheidung
Erziehungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören zu den Leibrenten, die der Besteuerung unterliegen, und zwar nicht in voller Höhe, sondern nur mit dem sog. Besteuerungsanteil. Dieser Anteil richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Er beträgt bei Rentenbeginn bis 2005 50 % und steigt für Rentenbeginn in 2040 auf 100 %. Für das Streitjahr 2008 beträgt der Besteuerungsanteil 56 % (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
Anders ist es bei einer Schadensersatz- oder Unterhaltsrente. Diese Renten sind nicht steuerbar, wenn sie lediglich den durch das schädigende Ereignis entfallenden, nicht steuerbaren Unterhaltsanspruch ausgleichen. Die Erziehungsrente soll zwar ebenfalls einen Ausgleich für den durch den Tod weggefallenen Unterhaltsanspruch ausgleichen. Der geschiedene Ehegatte soll nicht zu einer Erwerbstätigkeit gezwungen werden. Jedoch beruht die Erziehungsrente - im Gegensatz zu den Schadensersatz- und Unterhaltsrenten - nicht auf einem schädigenden Ereignis, das zu einer Ersatzpflicht des Verursachers geführt hat, sondern auf der Mitgliedschaft des Berechtigten (hier: A) in der gesetzlichen Rentenversicherung. Somit folgt die Besteuerung aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, nach der sämtliche Leibrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Besteuerung unterworfen sind (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG).
Hinweis
Verfassungsrechtliche Bedenken - nicht steuerbarer Unterhalt einerseits, steuerbare Erziehungsrente andererseits - weist der BFH zurück. Wirtschaftlich betrachtet mag sich für den Berechtigten der Rentenbezug zwar als Fortsetzung der familiärer Unterhaltszahlungen darstellen. Ein Gleichheitsverstoß liegt jedoch nicht vor. Der sachliche Differenzierungsgrund liegt darin, dass die Erziehungsrenten in die Besteuerung einbezogen werden, weil sie - ebenso wie die anderen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung - auf Beiträgen beruhen, die ihrerseits steuerlich abziehbar waren und sind.
BFH, Urteil v. 19.8.2013, X R 35/11, veröffentlicht am 25.9.2013
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