Aufrechnung in der Insolvenz
Der Kläger war der Insolvenzverwalter einer KG. Auf Antrag vom 25.7.2013 wurde zunächst vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der KG angeordnet. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.10.2013 eröffnet, und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Die KG verfügte über ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6. des Folgejahres. Für das Wirtschaftsjahr 1.7. 2012 bis 30.6.2013 leistete die KG Vorauszahlungen für Gewerbesteuer in festgesetzter Höhe von vierteljährlich 1.213 EUR und zwar am 9.8.2012, 12.11.2012, 14.2.2013 und 14.5.2013. Am 29.8.2014 rechnete das Finanzamt gegenüber dem Kläger über Gewerbesteuer 2012 (Wirtschaftsjahr 2011/2012) und 2013 (Wirtschaftsjahr 2012/2013) ab. Für die KG ergab sich für den Erhebungszeitraum 2012 eine Nachzahlung (9.936,30 EUR) und für den Erhebungszeitraum 2013 ein Guthaben (4.852,00 EUR). Am 17.9.2014 erstellte der Beklagte eine Umbuchungsmitteilung und verwendete das Guthaben für 2013 zur anteiligen Tilgung der Nachzahlung für 2012. Der Kläger widersprach dieser Umbuchung und beantragte einen Abrechnungsbescheid. Am 14.1.2015 erließ der Beklagte diesen Abrechnungsbescheid, mit dem er feststellte, dass das Guthaben für 2013 mit der offenen Gewerbesteuerverbindlichkeit für 2012 verrechnet worden sei.
Hiergegen legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein. Die Umbuchung sei gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 129 ff. InsO unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verstießen Aufrechnungen mit Steuerguthaben, die innerhalb des dreimonatigen Anfechtungszeitraums entstanden sind, gegen das Aufrechnungsverbot. Das Guthaben aus der Gewerbesteuer 2013 sei in voller Höhe in die Masse zu erstatten. Nach Zurückweisung des Einspruchs wurde Klage beim zuständigen Finanzgericht Berlin-Brandenburg erhoben.
Abrechnungsbescheid ist rechtmäßig
Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der angefochtene Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Finanzamt durfte feststellen, dass der Anspruch auf Erstattung des Guthabens zur Gewerbesteuer 2013 in Höhe von 4.852,00 EUR durch Aufrechnung erloschen war. Der Aufrechnung des Beklagten haben kein Aufrechnungsverbot des § 96 InsO entgegengestanden. Der Bundesfinanzhof habe wiederholt entschieden, dass es hinsichtlich der Frage, ob ein steuerrechtlicher Anspruch zur Insolvenzmasse gehört oder ob die Forderung des Gläubigers eine Insolvenzforderung ist, nicht darauf ankomme, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden war, sondern darauf, ob in diesem Zeitpunkt nach insolvenzrechtlichen Grundsätzen der Rechtsgrund für den Anspruch bereits gelegt war. Für Steuervorauszahlungen erlange der Steuerpflichtige bereits mit deren Entrichtung einen Erstattungsanspruch, der allerdings unter der aufschiebenden Bedingung stehe, dass am Ende des Besteuerungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Vorauszahlung. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei die Aufrechnung auch nicht gem. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig gewesen, da kein Anfechtungsgrund gegeben gewesen sei.
Allgemeine Voraussetzungen für eine Aufrechnung beachten
Die Entscheidung bietet die Gelegenheit, sich die Fragen vor Augen zu führen, die sich im Zusammenhang mit einer Aufrechnung in der Insolvenz stellen (vgl. hierzu auch AOAE zu § 251 AO Rz. 8). Grundsätzlich gilt hierbei, dass zunächst die allgemeinen Voraussetzungen für eine Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB zu beachten sind, diese aber ergänzt werden durch die insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen der §§ 94 ff. InSO (hierzu sehr informativ Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. 2013, S. 92ff.). Besondere Bedeutung haben hierbei die Aufrechnungsverbote des § 96 InsO. Danach ist eine Aufrechnung insbesondere dann nicht mehr zulässig, wenn die Steuerforderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Dabei stellte sich die Frage, wann der Anspruch bei einer Vorauszahlung entstanden ist. Dies könnte man nach steuerrechtlichen oder insolvenzrechtlichen Kriterien prüfen, der Bundesfinanzhof hat sich für eine Maßgeblichkeit der insolvenzrechtlichen Kriterien entschieden, so dass hier eine Aufrechnung nicht ausgeschlossen war. Der Erstattungsanspruch auf die Vorauszahlung ist demnach bereits mit der Zahlung begründet und nicht erst mit dem Ablauf des Besteuerungszeitraums. Sodann ist oftmals zu prüfen, ob eine Aufrechnung deshalb unzulässig war, weil eine Anfechtungsmöglichkeit bestand (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Auch dies hat das Gericht verneint. Zu beachten ist hierbei, dass das Insolvenzanfechtungsrecht gerade jüngst in Teilbereichen reformiert wurde (vgl. Schädlich, NWB 2017, S. 1521).
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