Gehaltsumwandlung für vorzeitigen Ruhestand führt nicht zu Lohnzufluss
Hintergrund: Zeitwertkonten-Modell bei einem GmbH-Geschäftsführer
Die GmbH schloss entsprechend vorangegangener Gesellschafterbeschlüsse mit ihrem nicht am Stammkapital beteiligten Geschäftsführer (G) eine Wertguthabenvereinbarung zur Finanzierung für den vorzeitigen Ruhestand des G ab. G verzichtete auf die Auszahlung laufender Bezüge in Höhe von monatlich 6.000 EUR brutto, die ihm in der der späteren Freistellungsphase ausgezahlt werden sollten. Die GmbH unterwarf die Zuführungen zu dem Wertguthaben nicht dem LSt-Abzug. Das FA war dagegen der Meinung, die Wertgutschriften führten zum Zufluss von Arbeitslohn und forderte die LSt von G nach. Im ESt-Bescheid für das Streitjahr 2010 erhöhte es die Einkünfte des G aus nichtselbständiger Arbeit um die zuvor nicht berücksichtigten Zuführungen zu dem Wertguthaben. Dem widersprach das FG und gab der Klage statt.
Entscheidung: Die Zuführungen zu dem Zeitwertkonto sind kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn
Das ergibt sich daraus, dass G tatsächlich keine Auszahlungen erhalten hat und im Streitjahr über die Gutschriften nicht verfügen konnte. Denn es bestand keine Zahlungsverpflichtung der GmbH gegenüber G und er hatte auch kein Recht, die Auszahlung der Gutschriften zu verlangen. In der Wertguthabenvereinbarung liegt auch keine Vorausverfügung des G über seinen Arbeitslohn. Er verzichtete lediglich auf die Auszahlung eines Teils seines Barlohns zugunsten einer Zahlung in der Freistellungsphase. Darin liegt keine Einkommensverwendung im Voraus. Lediglich die Fälligkeit des (fortbestehenden) Lohnanspruchs wurde hinausgeschoben.
Das gilt auch bei einem – wie hier - GmbH-Fremdgeschäftsführer
Die Organstellung als Geschäftsführer ist für die Frage, ob Arbeitslohn zufließt, ohne Bedeutung. Der BFH sieht keinen Anlass und insbesondere auch keine Rechtsgrundlage, für den Zufluss von Arbeitslohn bei einem angestellten Fremdgeschäftsführer andere Voraussetzungen zugrunde zu legen als bei sonstigen Arbeitnehmern. Dabei kann dahinstehen, ob die die Vereinbarung eines Wertguthabens mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft unvereinbar ist. Dieser Gesichtspunkt könnte den Zufluss der Wertgutschriften nicht begründen. Denn die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht richtet sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Erlangt der Steuerpflichtige (hier G) aber keine Verfügungsmacht über einen Vermögensvorteil, kann der Zufluss grundsätzlich nicht fingiert werden.
Ausnahme bei beherrschenden Gesellschaftern
Bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind. Der BFH lässt dabei offen, ob es sich bei den Zuführungen zum Wertguthaben überhaupt um eine "fällige" Vergütung handelt. Außerdem ist eine ungerechtfertigte Privilegierung von Fremdgeschäftsführern aufgrund der strikten Anwendung des Zuflussprinzips und damit der Gleichbehandlung mit allen anderen Arbeitnehmern nicht zu besorgen.
Hinweis: Der BFH widerspricht dem BMF-Schreiben v. 17.6.2009, BStBl I 2009, 1286.
Das BMF-Schreiben (unter Abschn. A IV 2 b) geht davon aus, Vereinbarungen über die Einrichtung von Zeitwertkonten seien bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Kapitalgesellschaft bestellt sind, mit dem Aufgabenbild des Organs einer Körperschaft nicht vereinbar. Daher führe bereits die Gutschrift des künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn. Der BFH vertritt die andere Auffassung, die auch weitgehend im Schrifttum vertreten wird. Mit dem Hinweis, es könne offen bleiben, ob bei einem beherrschenden Gesellschafter überhaupt keine "fällige" Vergütung vorliegt, deutet sich möglicherweise eine Rechtsprechungsänderung für die Fälle beherrschender Gesellschafter an.
Am Rande behandelt der BFH das Problem der Beschwer bei einer Nullfestsetzung. Wegen der inhaltlichen Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den ESt-Bescheid (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG) müssen Einwendungen gegen unzutreffende Besteuerungsgrundlagen gegen den ESt-Bescheid geltend gemacht werden. Das gilt auch dann, wenn es sich um einen Nullbescheid handelt.
BFH, Urteil v. 22.2.2018, VI R 17/16; veröffentlicht am 4.6.2018.
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