Geldwerter Vorteil aus der Überlassung eines Dienstwagens
Hintergrund
A ist Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Der Geschäftsführervertrag enthält keine Regelungen über die Überlassung eines betrieblichen Kfz.
Die GmbH überließ A im Streitzeitraum (2006 bis 2010) für betriebliche Zwecke ein Fahrzeug. Das FA ging davon aus, A habe das Kfz uneingeschränkt und kostenlos auch für Privatfahrten zur Verfügung gestanden. Da kein Fahrtenbuch geführt wurde, setzte es einen geldwerten Vorteil nach der 1 %-Methode (monatlich 1 % des Bruttolistenpreises) und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (ab 2014: erste Tätigkeitsstätte) nach der 0,03 %-Methode (monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer) an.
Die nach weitgehend erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das FG ab. Es begründete sein Urteil damit, nach dem Vortrag des A und der gerichtlichen Sachverhaltsermittlung, insbesondere der Einvernahme zweier Zeugen, stehe fest, dass die GmbH dem A ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt habe.
Entscheidung
Die Revision des A blieb ebenfalls erfolglos.
Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt dies zu einem als Lohnzufluss zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen PKW privat nutzt. Die eingeräumte Möglichkeit der Nutzung genügt. Der Vorteil ist entweder mit der Fahrtenbuchmethode oder, wenn - wie hier - kein Fahrtenbuch geführt wird, mit der 1 %-Regelung (bzw. mit der 0,03 %-Regelung) zu erfassen.
Über die somit entscheidende Frage, ob und welches Fahrzeug dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen ist, entscheidet das FG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung. Im Streitfall gelangte das FG zu der Überzeugung, dass A das Fahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt wurde. Das FG schloss dies im Wesentlichen daraus, dass A angegeben hatte, er habe sich entschieden, mit dem Fahrzeug keine Privatfahrten zu unternehmen. Daraus ergibt sich folgerichtig, dass A die Befugnis zur Privatnutzung hatte und er davon lediglich keinen Gebrauch machen wollte. Da allein die Möglichkeit der Privatnutzung für einen lohnsteuerlichen Vorteil des Arbeitnehmers genügt, konnte A mit der Revision nicht durchdringen. Dass er, wie er vorbrachte, keine Privatfahrten unternommen hat, ist unerheblich. Da die Würdigung des FG weder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt, war sie für den BFH bindend und konnte im Revisionsverfahren nicht mit Einwendungen gegen die Schlussfolgerungen des FG zum Fall gebracht werden.
Hinweis
Nach der Rechtsprechungsänderung in 2013 genügt die bloße Nutzungsmöglichkeit für den Ansatz eines lohnsteuerlichen Vorteils (Leitentscheidung v. 21.3.2013, VI R 31/10. BStBl II 2013, 700). Diese Möglichkeit, d.h. die Überlassung auch zur Privatnutzung, muss aber tatsächlich bestehen und vom FA bzw. FG festgestellt werden. Dafür gibt es keinen Erfahrungssatz bzw. Anscheinsbeweis. Der Arbeitnehmer muss mit der tatsächlichen Überlassung die wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit über das Fahrzeug erlangt haben. Die Möglichkeit der Privatnutzung fehlt z.B. bei einem ausdrücklichen Nutzungsverbot. Auch die bloße arbeitsvertragliche Zusage (ohne tatsächliche Überlassung), das Kfz privat nutzen zu dürfen, genügt nicht.
Die Besteuerung der bloßen Nutzungsmöglichkeit ist eine eigentlich systemwidrige Ausweitung, die auf der Sonderregelung in § 8 Abs. 2 EStG beruht. Sie beschränkt sich auf den Fall der Kfz-Nutzung durch den Arbeitnehmer. Beim Unternehmer wird die Privatnutzung nur erfasst, wenn sie tatsächlich erfolgt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Da es sich bei § 8 Abs. 2 EStG um eine Sonderregelung handelt, kann die Besteuerung der Nutzungsmöglichkeit beim Arbeitnehmer keinesfalls auf andere Gegenstünde als Kfz übertragen werden. Darf der Geselle den Hammer des Meisters nach Feierabend mit nach Hause nehmen, um sein Gartenhäuschen zu reparieren, greift die Besteuerung daher nur dann, wenn er den Hammer tatsächlich dafür benutzt.
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