Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen

Scheidungskosten können bisher nur abgezogen werden, soweit sie die Scheidung selbst und den Versorgungsausgleich betreffen. Nicht begünstigt sind vermögensrechtliche Auseinandersetzungen bzw. Zugewinnausgleichsregelungen. Das FG Düsseldorf spricht sich für einen Komplettabzug aus.

Hintergrund:

Die Eheleute wurden im Jahr 2010 durch Urteil des Familiengerichts geschieden, mit gleichem Urteil begründete die Ex-Frau Rentenanwartschaften i. R. des Versorgungsausgleichs. Ein gerichtlich protokollierter Vergleich vom gleichen Tag regelte zudem den Zugewinnausgleich und den nachehelichen Unterhalt.

Nach Abschluss des Verfahrens zahlte die Frau Anwalts- und Gerichtskosten i. H. v. 8.195 EUR; den Betrag machte sie schließlich als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt lehnte einen Kostenabzug jedoch ab und erklärte, dass nur Prozesskosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich abziehbar sind, nicht jedoch Aufwendungen für die Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens und für Unterhaltsansprüche.

Entscheidung:

Das FG entschied, dass die Anwalts- und Gerichtskosten in voller Höhe als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.

Der BFH hat mit Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BStBl 2011 II S. 1015 entschieden, dass Zivilprozesskosten stets als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können, wenn die Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Erfolgsaussichten bietet und nicht mutwillig ist.

Demgegenüber ging der BFH in seiner früheren Rechtsprechung davon aus, dass Prozesskosten in Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. dem Streit um den Zugewinnausgleich nicht abgezogen werden können (BFH, Urteil v. 30.5.2005, III R 36/03, BStBl 2006 II S. 491, BFH, Urteil v. 30.5.2005, III R 27/04, BStBl 2006 II S. 492), sodass letztlich nur die Kosten der Scheidung und des Versorgungsausgleich (sog. Zwangsverbund) abziehbar waren.

Das FG ist der Auffassung, dass an dieser einschränkenden Sichtweise aufgrund der neuen Rechtsprechung nicht länger festgehalten werden kann. Zwischen der Scheidungssache und der Regelung einer anderen Familiensache (sog. Folgesache) besteht ein Verhandlungs- und Entscheidungsverbund, der einen Zwang zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung bewirkt. Damit wäre es nicht vereinbar, einen Kostenabzug nur auf die Fälle des Zwangsverbundes zu begrenzen.

FG Düsseldorf, Urteil v. 19.2.2013, 10 K 2392/12 E

Praxishinweis:

Der BFH wird im anhängigen Revisionsverfahren (Az. VI R 16/13) klären müssen, ob auch Prozesskosten für die Auseinandersetzung des Vermögens bzw. den Streit über den Zugewinnausgleich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Vor dem Hintergrund der neueren BFH-Rechtsprechung ist es wahrscheinlich, dass der BFH einen Kostenabzug zulassen wird.