Gewinnrealisierung bei Abspaltung eines Teilbetriebs
Zu einem Sondergewinn des Gesellschafters kann sowohl der "Anteilstausch" selbst als auch eine Entnahme der von dem übernehmenden Rechtsträger zugeteilten Anteile aus dem notwendigen Sonderbetriebsvermögen II führen.
Hintergrund: Abspaltung eines Teilbetriebs
Die Eheleute A/B sind zu je 50% an der X-KG beteiligt. Im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen II der Eheleute bei der KG befinden sich deren Anteile an der Y-AG. Die Eheleute sind zu je 50% an dieser AG beteiligt.
In 2020 übertrug die AG im Wege der Spaltung ihren Geschäftsbereich "Vermietungen" auf die Z-GmbH, deren alleinige Anteilseignerin zunächst die A war. Der Geschäftsbereich "Herstellung" verblieb bei der AG. Für das übertragene Vermögen teilte die GmbH den Aktionären der AG im Wege der Kapitalerhöhung je einen neuen Geschäftsanteil in Höhe von 100 EUR zu. Seither waren die A zu 99,6% und B zu 0,4% an der GmbH beteiligt. Die Anteile an der GmbH wurden als Privatvermögen der Eheleute behandelt.
Das FA ging davon aus, es liege eine disquotale Abspaltung des Teilbetriebs mit einer Werteverschiebung von B auf A vor, die als Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen des B zu werten sei. Durch die Abspaltung sei den Anteilseignern des übertragenden Rechtsträgers (AG) aufgrund der abweichenden Beteiligungsverhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger (GmbH) Vermögen nicht dem bisherigen Anteil entsprechend zugeteilt worden. Damit sei eine Vermögensverschiebung zu Gunsten der A aus privaten Gründen eingetreten. Dementsprechend stellte das FA im Gewinnfeststellungsbescheid Sonderbetriebseinnahmen des B fest.
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, die Wertveränderung stelle keine Entnahme dar.
Entscheidung: Verschiedene Möglichkeiten der Gewinnrealisierung
Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG kann der Senat nicht beurteilen, ob die GmbH-Anteile von A und B nicht als Privatvermögen, sondern – wie schon die Anteile an der AG – als deren notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG zu behandeln sind.
Betriebsaufspaltung zwischen KG und AG
Dass die Anteile an der AG vor und nach der Abspaltung als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der beiden Gesellschafter der KG (A/B) anzusehen sind, spricht dafür, dass zwischen der KG als Besitzgesellschaft und der AG als Betriebsgesellschaft eine Betriebsaufspaltung bestanden hat, weil die KG der AG wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet hat (sachliche Verflechtung) und die Unternehmen auch personell verflochten waren.
Möglicherweise weitere Betriebsaufspaltung zwischen KG und GmbH
Anhand des festgestellten Sachverhalts lässt sich indes nicht beurteilen, ob nach der Abspaltung des vom FA als Teilbetrieb angesehenen Geschäftsbereichs "Vermietungen" von der AG auf die GmbH auch eine Betriebsaufspaltung zwischen der KG und der GmbH bestanden hat, weil nunmehr die KG auch der GmbH wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet hat. Wäre insoweit eine Betriebsaufspaltung zu bejahen, wären auch die Anteile von A und B an der GmbH einschließlich der im Rahmen der Abspaltung neu zugeteilten Anteile notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der KG. Bisher in den Anteilen an der AG verkörperte stille Reserven gehörten dann zu den Anteilsrechten von A und B an der GmbH, so dass die nämlichen stillen Reserven (weiterhin) als Sonderbetriebsvermögen II bei der KG steuerverstrickt wären.
Gewinnrealisierung durch "Anteilstausch"
Fraglich ist auch, inwieweit es bereits durch einen "Tausch" der Anteile an der AG gegen Anteile an der GmbH zu einer Gewinnrealisierung gekommen ist. Nach § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG kann ein Rechtsträger einen Teil seines Vermögens abspalten und auf einen bestehenden Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen übertragen. Die in Form eines "Anteilstauschs" gewährten Mitgliedschaftsrechte sind eine Gegenleistung des übernehmenden Rechtsträgers an die Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers. Die zugeteilten Anteile bilden auch einen Ersatz für die auf den übernehmenden Rechtsträgere infolge der Abspaltung übergegangenen stillen Reserven.
Gewinnrealisierung durch Entnahme
Für den Fall, dass keine Betriebsaufspaltung zwischen der KG als Besitz- und der GmbH als Betriebsgesellschaft vorliegt, ist weiter zu prüfen, inwieweit im Anschluss an den "Anteilstausch" eine Gewinnrealisierung durch eine Entnahme zum Teilwert der im Rahmen der Abspaltung neu zugeteilten ("eingetauschten") GmbH-Anteile aus dem Sonderbetriebsvermögen II eingetreten ist. Zu prüfen wäre, zu welchem Wert die A und B zugeteilten GmbH-Anteile aus deren Sonderbetriebsvermögen II bei der KG entnommen wurden. Ein Sondergewinn der A wäre wegen Bestandskraft des Gewinnfeststellungsbescheids allerdings nur noch im Rahmen des (nicht bestandskräftigen) GewSt-Messbescheids 2010 zu berücksichtig berücksichtigen. Dabei kann offenbleiben, ob die von der GmbH zugeteilten Anteile, die zunächst ebenfalls als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II anzusehen sind, zur Vermeidung ihrer Entnahme als gewillkürtes (geduldetes) Sonderbetriebsvermögen II hätten behandelt werden können oder ob von einer (sofortigen) "Zwangsentnahme" auszugehen wäre, weil ein entsprechendes Wahlrecht im Streitfall ausscheidet. Denn sie sind jedenfalls nie anders als Privatvermögen von A und B behandelt worden.
Hinweis: Gegenstand einer Entnahme
Der BFH zeigt verschiedene Möglichkeiten der Gewinnrealisierung auf. Das FG hat die dazu erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen nachzuholen. Dem FG ist jedenfalls darin zuzustimmen, dass der Entnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ein entnahmefähiges Wirtschaftsgut voraussetzt, das sind Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen. Der Wert eines Geschäftsanteils ist grundsätzlich kein selbständiges, von ihm abzusonderndes Wirtschaftsgut, sondern lediglich seine Eigenschaft (BFH v. 9.11.2010, IX R 24/09, BStBl II 2011, 799). Stille Reserven sind nicht isoliert ohne das entsprechende Wirtschaftsgut entnehmbar (BFH v. 26.2.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348).
BFH Urteil vom 28.05.2020 - IV R 17/17 (veröffentlicht am 01.10.2020)
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