Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuerschulden

Der Eintritt der Zahlungsverjährung für die Steuerschuld nach Ergehen eines Haftungsbescheids bewirkt - trotz der grundsätzlich bestehenden Akzessorietät der Haftungsschuld - nicht das Erlöschen der Haftungsschuld. Nach Ergehen des Haftungsbescheids tritt der geltend gemachte Haftungsanspruch selbstständig neben den Steueranspruch.

Hintergrund

Im Urteilsfall ging es um die Frage, ob die Haftungsinanspruchnahme des Gesellschafters einer GbR für Umsatzsteuerschulden der GbR auch dann noch zulässig ist, wenn der Umsatzsteueranspruch gegenüber der GbR bereits zahlungsverjährt ist.

Entscheidung

Das FG wies die Klage ab und entschied, dass die Zahlungsverjährung der Primärschuld, welche die GbR als Steuerschuldnerin schuldete, auf den Bestand der Haftungsschuld keine Auswirkung hat.

Die GbR als Steuerschuldnerin und der Steuerpflichtige als Haftungsschuldner sind Gesamtschuldner nach § 44 AO. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AO wirken nur die Erfüllung der Schuld, die Aufrechnung und eine geleistete Sicherheit durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Gesamtschuldner; die Erfüllung des Anspruchs durch einen Gesamtschuldner ist als solche des Steuerschuldners und des Haftungsschuldners anzusehen.

Andere Tatsachen als die Erfüllung des Anspruchs wirken hingegen nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten (§ 44 Abs. 2 Satz 3 AO). Zu diesen Tatsachen zählt auch die Verjährung mit der Konsequenz, dass der Eintritt der Zahlungsverjährung für die Steuerschuld dem Haftungsschuldner nicht zugute kommt; dieser kann daher aus einem vor Eintritt der Verjährung gegen ihn erlassenen Haftungsbescheid weiterhin als Haftender in Anspruch genommen werden.

Das Erlöschen der Steuerschuld hat trotz der grundsätzlich bestehenden Akzessorietät der Haftungsschuld nicht das Erlöschen aller eine bestimmte Steuer betreffenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis zur Folge. Vielmehr ist nach Ergehen des Haftungsbescheids ein weiterer Anspruch, nämlich der geltend gemachte Haftungsanspruch, selbstständig neben den Steueranspruch getreten (vgl. § 37 Abs. 1 AO), dessen weiteres Schicksal unabhängig von dem ihm zu Grunde liegenden Steueranspruch zu beurteilen ist.

Denn dieser Haftungsanspruch begründet einen selbstständigen Anspruch des Steuergläubigers auf Zahlung einer Steuerschuld aus dem Vermögen eines Dritten. Daraus folgt, dass die Abhängigkeit des Haftungsanspruchs vom Bestehen des Steueranspruch nach Ergehen des Haftungsbescheids nur noch Auswirkungen zeigt, wenn es das Gesetz, wie im § 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AO, ausdrücklich bestimmt.

Hinweis

Für den Eintritt der Verjährung gilt daher, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist und die Verjährung der Zahlungsansprüche hinsichtlich der Primärschuld (also gegenüber dem Steuerschuldner) und der Haftungsschuld (gegenüber dem Haftungsschuldner) getrennt verlaufen. Für den durch Haftungsbescheid in Anspruch genommenen Haftungsschuldner bedeutet dies, dass der Haftungsbescheid gegen ihn ungeachtet des Eintritts der Zahlungsverjährung der Steuerschuld auch weiterhin vollzogen werden kann.

FG Sachsen-Anhalt, 6 K 1458/09, Urteil v. 26.9.2013


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