Hinzurechnungsbesteuerung bei Drittstaaten

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG im Fall von Drittstaaten, da höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob diese mit den Grundfreiheiten des Unionsrechts zu vereinbaren ist.

Sachverhalt:

Der Antragsteller hatte in den Streitjahren einen Wohnsitz in Deutschland. Er hielt die Anteile an der Schw AG mit Sitz in der Schweiz. Der Zweck der Schw AG ist die Suche, Vermittlung, der Erwerb und Verkauf von Grundstücken. Nach einer Steuerfahndungsprüfung kam es zwischen den Beteiligten im Jahr 2012 zu einer tatsächlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen der Jahre 2003 - 2011. Die vom Antragsteller gewünschte Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab. Mit seinem Antrag auf AdV durch das Finanzgericht beruft sich der Antragsteller auf ernstliche Zweifel in unionsrechtlicher, abkommens- und verfassungsrechtlicher Hinsicht, da die wirtschaftliche Tätigkeit in der Schweiz von ihm nicht missbräuchlich ausgeübt werde. Er macht geltend, dass bei Ausübung derselben Tätigkeit in einem niedrig besteuerten Staat der EU die Hinzurechnungsbesteuerung nicht anwendbar wäre, da die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit zur Folge hätte, dass der Gegenbeweis als erbracht anzusehen wäre.

Entscheidung:

Der Antrag ist zulässig und begründet, sodass die Feststellungsbescheide der Jahre 2003 - 2011 von der Vollziehung auszusetzen sind, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung zur Hinzurechnungsbesteuerung im Fall von Drittstaaten lassen sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht verneinen. Das gilt schon allein wegen der nicht höchstrichterlich geklärten Vereinbarkeit mit den einschlägigen Grundfreiheiten des Unionsrechts. Diese sind hier die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV und die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV.

Praxishinweis:

Der endgültige Ausgang des Verfahrens darf mit Spannung erwartet werden, da sich erhebliche Auswirkungen für die Hinzurechnungsbesteuerung ergeben könnten. Wie in der Literatur bereits seit Jahren festgestellt wird, ist die Frage, ob die aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Cadbury Schweppes (C-196/04) mit der neuen Vorschrift des § 8 Abs. 2 AStG gezogenen Konsequenzen supranationalem Recht entsprechen, bisher noch nicht abschließend geklärt. Darüber hinaus bestehen auch ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung. In der Praxis ist in gleichgelagerten Fällen zu empfehlen, keine Bestandskraft eintreten zu lassen.

FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 12.8.2015, 3 V 4193/13