Keine doppelte Berücksichtigung von lediglich einmal getragenem Aufwand
Hintergrund: Gleichzeitige Geltendmachung von Erhaltungsaufwand und AfA
Die A-GbR, die Einkünfte aus VuV mit Überschussermittlung erzielt, erwarb im Dezember 2008 Klimageräte für ein Vermietungsobjekt. Der Kaufpreis (42.455 EUR) wurde im Januar 2009 gezahlt.
Die GbR behandelte für 2009 die AK als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand und machte die Summe (42.455 EUR) als WK geltend. Zudem nahm sie AfA von den AK in Anspruch und verteilte sie auf 10 Jahre.
Das FA berücksichtigte für 2009 zunächst sowohl den WK-Sofortabzug als auch den AfA-Abzug. Als der Fehler bemerkt wurde, vereinbarte die GbR mit dem FA, die Berücksichtigung des Sofortabzugs solle rückgängig gemacht und die AfA weitergeführt werden. Eine entsprechende Änderung des Feststellungsbescheids 2009 unterblieb jedoch. Inzwischen war Feststellungsverjährung eingetreten und das FA konnte den Sofortabzug nicht mehr rückgängig machen.
Für das Streitjahr 2012 machte die GbR, wiederum einen AfA-Betrag von 4.246 EUR geltend. Das FA und ihm folgend das FG lehnten die Berücksichtigung mit der Begründung ab, durch den vollen Abzug der AK in 2009 sei kein Restbuchwert mehr vorhanden.
Entscheidung: Keine AfA nach Verbrauch des AfA-Volumens durch Sofortabzug
Die AK/HK bilden die Bemessungsgrundlage der AfA. In welcher Höhe davon AfA vorgenommen werden kann, richtet sich nach dem AfA-Volumen. Dieses ist – nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG – durch die Bemessungsgrundlage der Höhe nach begrenzt. Das bedeutet, dass auch eine zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA nicht zu einer Erhöhung des AfA-Volumen führt (BFH 21.11.2013, IX R 12/13, BStBl II 2014, 563). Dieser Grundsatz ergibt sich schon aus § 7 Abs. 4 EStG, wonach bei Gebäuden grundsätzlich der Abzug bestimmter prozentualer Beträge der AK/HK nur bis zu deren vollen Absetzung vorzunehmen ist.
Nur einmalige Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage
Bei anderen WG als Gebäuden bestimmt sich die AfA nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer. Der Begriff des Restwerts verdeutlicht, dass AfA-Volumen verbraucht ist und eine weitere AfA daher nicht zulässig ist, soweit die Bemessungsgrundlage bereits abgesetzt worden ist. Damit wird gewährleistet, dass die Bemessungsgrundlage nur einmalig Berücksichtigung findet. Die Berechtigung zur AfA endet daher, wenn die Bemessungsgrundlage vollständig abgesetzt und dadurch das AfA-Volumen vollständig verbraucht wurde.
Hiervon ausgehend konnte die GbR in 2012 keine AfA mehr für die Klimageräte in Anspruch nehmen. Die AK als Bemessungsgrundlage und Obergrenze des AfA-Volumens waren durch die Berücksichtigung der vollständigen AK als sofort abziehbare WK (Erhaltungsaufwendungen) in 2009 (sowie die Geltendmachung der AfA in 2008 und 2009) bereits vollständig verbraucht.
Der Sofortabzug führt zum Verbrauch des AfA-Volumens
Für den Verbrauch des AfA-Volumens ist es unerheblich, ob die AK jährlich abgesetzt oder irrtümlich als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen behandelt wurden. Denn eine Verteilung ist nur für den Aufwand möglich, der vom Steuerpflichtigen tatsächlich getragen wurde und seine individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemindert hat. Wurde ein WG in der Vergangenheit bereits komplett abgesetzt und damit der mit seiner Anschaffung oder Herstellung einhergehende Aufwand vollumfänglich steuermindernd berücksichtigt, kommt folglich eine weitere AfA nicht mehr in Betracht (BFH v. 21.11.2013, IX R 12/13, BStBl II 2014, 563. Denn Aufwand, der die individuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur einmal gemindert hat, kann auch nur einmal steuerliche Berücksichtigung finden (BFH v. 23.11.1978, IV R 20/75, BStBl II 1979, 143). Die lediglich auf Kostenverteilung und damit in zeitlicher Sicht wirkende AfA kann nicht dazu führen, dass der Steuerpflichtige mehr Aufwand geltend machen kann, als er tatsächlich wirtschaftlich getragen hat (BFH v. 26.4.2006, IX R 24/04, BStBl II 2006, 754).
Hinweis: Aus dem Nettoprinzip folgt die Berücksichtigung des tatsächlichen Aufwands
Die Berücksichtigung von WK bei der Einkünfteermittlung nach § 9 EStG ist Ausdruck des objektiven Nettoprinzips (BFH v. 23.8.1999, GrS 1/97, BStBl II 1999, 778). Darauf aufbauend bezweckt die AfA von den AK/HK – in Abweichung vom Abflussprinzip (11 Abs. 2 EStG) – den Anschaffungs- oder Herstellungsaufwand typisierend periodengerecht zu verteilen. Das bedeutet, dass nur der Aufwand verteilt werden kann, der die individuelle Leistungsfähigkeit tatsächlich gemindert hat. Die AfA bewirkt lediglich eine Kostenverteilung des tatsächlichen Aufwands auf mehrere Jahre. Eine Erhöhung des WK-Abzugs über den tatsächlich getragenen Aufwand hinaus würde dem auf dem Nettoprinzip beruhenden Zweck des WK-Abzugs und der Aufwandsverteilung widersprechen. Die Revision der GbR wurde daher zurückgewiesen.
In der Praxis dürfte nicht selten der Fall vorkommen, dass z.B. bei einem An-/Umbau vorschnell der Sofortabzug geltend gemacht wird und später aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr zur zutreffenden AfA übergegangen werden kann.
BFH Urteil vom 28.04.2020 - IX R 14/19 (veröffentlicht am 06.08.2020)
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