Spielgewinne eines Pokerspielers sind nicht umsatzsteuerpflichtig
Hintergrund: Erfolg mit Pokerface
X nahm an Pokerturnieren, Cash-Games und an Internet-Pokerveranstaltungen teil. Das FA ging nach einer Außenprüfung davon aus, X sei Unternehmer und setzte – ausgehend von Umsätzen von 26.000 EUR (2006) und 61.000 EUR (2007) – Umsatzsteuer fest. Das FG wies die dagegen erhobene Klage mit der Begründung ab, X sei mit Einnahmeerzielungsabsicht und daher unternehmerisch tätig gewesen.
Entscheidung: Kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung
Der BFH widerspricht dem FG. Er verneint eine unternehmerische Tätigkeit des X, da zwischen der Teilnahme an den Turnieren und den erhaltenen Zahlungen (Preisgelder, Spielgewinne) kein unmittelbarer Zusammenhang bestand.
Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt ein "Umsatz gegen Entgelt" einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Leistung und einer tatsächlich empfangenen Gegenleistung voraus. Zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger muss ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert der Dienstleistung bildet. Dem hat sich der BFH angeschlossen (z. B. BFH v. 12.8.2015, XI R 43/13, BStBl II 2015, 919). Der EuGH hat ferner entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme kein Antrittsgeld (und keine andere unmittelbare Vergütung) gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten. Denn die Ungewissheit einer Zahlung hebt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Dienstleistung und der Zahlung auf. Wenn nur erfolgreiche Teilnehmer ein Preisgeld erhalten, kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass für die bloße Teilnahme an der Veranstaltung eine tatsächliche Gegenleistung erbracht wird (EuGH v. 10.11.2016, C-432/15, UR 2016, 913, "Bastova").
Hiervon ausgehend erbrachte X keine Leistungen gegen Entgelt. Denn das mögliche Entgelt (Preisgeld, Spielgewinn) hing von seinem ungewissen Erfolg bei den Turnieren ab.
Hinweis: Bei einem Entgelt für die Teilnahme liegt ein Leistungsaustausch vor
Der BFH präzisiert:
- Eine im Rahmen eines Leistungsaustauschs umsatzsteuerpflichtige Leistung liegt vor, wenn der Veranstalter für die Teilnahme eine von der Platzierung unabhängige Vergütung (z. B. Antrittsgeld) bezahlt. Dann liegt in der Zahlung eine Gegenleistung für die Dienstleistung, bei dem Wettbewerb anzutreten.
- X war auch nicht ein Veranstalter, der an andere Teilnehmer eine entgeltliche Dienstleistung (Teilnahmerecht gegen Startgeld) erbrachte.
- Die Einstufung des Preisgelds als Gegenleistung für die Teilnahme am Wettbewerb würde bedeuten, den Begriff der Dienstleistung entgegen dem objektiven Charakter vom Ergebnis des Wettbewerbs abhängig zu machen.
- Nach dem BFH-Urteil v. 9.3.1972, V R 32/69 (BStBl II 1972, 556) sind die bei einem Pferderennen empfangenen Preise steuerpflichtige Entgelte für eine vom Rennstallbesitzer erbrachte sonstige Leistung (Abstellen des Pferdes zum Rennen). Dieses Urteil betrifft jedoch die frühere, noch nicht harmonisierte Rechtslage und ist überholt.
- Die Kritik an der EuGH-Rechtsprechung (Urteil v. 10.11.2016, C-432/15, UR 2016, 913, "Bastova") geht ins Leere und wird vom BFH zurückgewiesen. Denn die nationale Rechtsprechung hat die Unionsrechtsprechung zu beachten und muss sich daran orientieren. Da die Rechtsfrage unionsrechtlich geklärt ist, scheidet eine erneute EuGH-Vorlage aus.
- Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Gewinne aus der Teilnahme an Pokerspielen selbstverständlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der ESt und der GewSt unterliegen können (BFH v. 16.9.2015. X R 43/12, BStBl II 2016, 48).
BFH, Urteil v. 30.8.2017, XI R 37/14; veröffentlicht am 25.10.2017.
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