Kindergeld für krankes Kind ohne Ausbildungsplatz

Kindergeld ist auch für ein Kind zu gewähren, welches sich krankheitsbedingt nicht um einen Ausbildungsplatz bemühen kann.

Krankheitsbedingter Abbruch einer Ausbildung  

Die Familienkasse (FK) hatte für die Tochter der Klägerin gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG Kindergeld festgesetzt, weil die Tochter sich für einen Fernlehrgang Realschulabschluss eingeschrieben hatte. Am 27.11.2017 teilte die Klägerin der FK telefonisch mit, dass die Tochter den Fernlehrgang wegen Krankheit abgebrochen habe. Im Rahmen der Anhörung zu einer möglichen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung legte die Klägerin eine Bescheinigung der Klinik vor, wonach bei der Tochter eine schwere psychische Erkrankung gegeben sei. Die weiteren Ermittlungen der FK ergaben, dass die Tochter den Lehrgang zum 28.02.2017 gekündigt hatte.

Daraufhin hob die FK die Kindergeldfestsetzung gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf und forderte überzahltes Kindergeld in Höhe von 1.920 EUR zurück. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trägt die Klägerin mit Ihrer Klage vor, die Tochter habe krankheitsbedingt ihre Ausbildung abgebrochen. Im Jahr 2017 sei es ihr aufgrund der durch Attest nachgewiesenen Diagnosen auch nicht möglich gewesen, eine Ausbildung zu beginnen. Die Tochter habe im Übrigen gegenüber der FK erklärt, dass sie beabsichtige, zum frühestmöglichen Zeitpunkt wieder eine Ausbildung zu beginnen.

Festsetzung von Kindergeld 

Das FG hat entschieden, dass die Berücksichtigung eines Kindes auch dann möglich ist, wenn das Kind – wie im Streitfall – infolge einer Erkrankung daran gehindert ist, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, wonach ein Kind berücksichtigt wird, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen kann, sind im Streitfall erfüllt.

Für die Berücksichtigung als Kind ohne Ausbildungsplatz im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG ist es nach der Rechtsprechung erforderlich, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, eine Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen.

Neben diesem objektiven Tatbestandsmerkmal erfordert die Regelung des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c EStG für die Gewährung von Kindergeld darüber hinaus als subjektives Tatbestandsmerkmal, dass das Kind ausbildungswillig ist. Ausbildungswillig in diesem Sinne sind Kinder, wenn sie für den frühestmöglichen Zeitpunkt eine Berufsausbildung anstreben. Bis zu ihrer Erkrankung war die Tochter der Klägerin "in Ausbildung", also ausbildungswillig. Ihre im Klageverfahren eingereichte Erklärung zeigt auch ihre fortbestehende Ausbildungswilligkeit.

Die vom FG zugelassene Revision beim BFH wurde eingelegt, Az beim BFH III R 42/19.

Schleswig-Holsteinisches FG Urteil vom 15.11.2018 - 3 K 76/18


Schlagworte zum Thema:  Kindergeld, Ausbildung, Arbeitnehmerbesteuerung