Hintergrund:
Die Klägerin bestellte bei einem Lieferanten Gegenstände und erhielt eine ordnungsgemäße Rechnung über die Anzahlung. Aus der Anzahlungsrechnung wurde der Vorsteuerabzug vorgenommen. Wegen Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Vertrags wurde zwischen der Lieferin, der Klägerin sowie einem Abnehmer der Klägerin vereinbart, dass unter aufschiebenden Bedingungen, die noch nicht eingetreten waren, die Abnehmerin der Klägerin in den Vertrag eintreten sollte. Weiterhin war die Rückabwicklung der Umsatzsteuer sowie der Vorsteuer vereinbart worden. Die potentielle Lieferin erstattete der Klägerin die in der Anzahlung enthaltene Umsatzsteuer. Das Finanzamt kürzte in Höhe der in der Rückzahlung enthaltenen Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug der Klägerin.
Die Klägerin widersprach der Kürzung des Vorsteuerabzugs, da noch nicht feststand, dass die Leistung nicht mehr ausgeführt werden sollte und auch kein Entgelt, sondern nur die Umsatzsteuer/Vorsteuer zurückgezahlt worden ist.
Entscheidung:
Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Die Korrektur eines in einer Anzahlung enthaltenen Vorsteuerbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG setzt nicht voraus, dass im Moment der Rückzahlung eines Teilbetrags der Anzahlung schon feststeht, dass die Leistung nicht mehr ausgeführt werden soll. § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG stellt ein Korrektiv zu der Entstehung der Umsatzsteuer bei Zahlungszufluss der Anzahlung dar.
Wird ein Teil der Anzahlung zurückgezahlt, ist darin auch Umsatzsteuer anteilig mit enthalten. Es kann zwischen zwei Vertragsparteien nicht vereinbart werden, dass nur die Umsatzsteuer bzw. die Vorsteuer gezahlt oder rückerstattet werden kann.
Das Finanzgericht weist darauf hin, dass es der Rechtsprechung des BFH entspricht (BFH-Urteil v. 18.9.2008, V R 56/06, BStBl 2009 II S. 250), dass eine Änderung der Bemessungsgrundlage eintritt, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt. Dies muss nach der Auffassung des Gerichts auch auf Anzahlungen anzuwenden sein.
(Niedersächsisches FG, Urteil v. 22.5.2012, 5 K 259/11)
Praxishinweis:
Das Finanzgericht hat Revision gegen das Urteil zugelassen, da es in der Literatur und der Rechtsprechung der Finanzgerichte auch abweichende Meinungen gibt (z.B. FG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 23.3.2009, 6 K 80/08, EFG 2009, S. 1163).
Soweit die Umsatzsteuer bei einer Anzahlung mit Zahlungsfluss und die Vorsteuerabzugsberechtigung mit Abfluss der Anzahlung entsteht, erscheint es logisch und den Grundsätzen des Umsatzsteuerrechts entsprechend, wenn bei einer vollständigen oder teilweisen Rückzahlung der Anzahlung eine Korrektur von Umsatzsteuer und Vorsteuer vorzunehmen ist. Eine separate Zahlung nur der Umsatzsteuer kann sich ebenfalls nicht ergeben, die Umsatzsteuer (Vorsteuer) ist immer rechnerischer Bestandteil der Zahlung und kann nicht von dem Nettobetrag zahlungstechnisch getrennt werden.
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