Kostenübernahme für "Sensibilisierungswoche" führt zu Arbeitslohn

Nehmen Arbeitnehmer an einer "Sensibilisierungswoche" teil, die der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dient und keinen Bezug zu berufsspezifischen Erkrankungen hat, führt die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn, der lediglich im Rahmen des Freibetrags für Gesundheitszuschüsse (§ 3 Nr. 34 EStG) steuerfrei belassen werden kann.

Der klagende Arbeitgeber bot seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines "Demografieprojektes" die Teilnahme an einwöchigen Seminaren (sog. "Sensibilisierungswochen") an. Nach den vorgelegten Unterlagen hatte der Arbeitgeber in Zusammenarbeit mit einer externen Firma ein Konzept entwickelt, dass die Beschäftigungs- und Leistungsfähigkeit, sowie die Motivation in der zunehmend alternden Belegschaft erhalten sollte. Die Teilnahme an der "Sensibilisierungswoche" stand sämtlichen Mitarbeitern des Arbeitgebers offen; der Arbeitgeber übernahm die Kosten des Seminars von 1.300 EUR pro Person. Die teilnehmenden Arbeitnehmer mussten im Gegenzug lediglich die Fahrtkosten übernehmen und eigenes Zeitguthaben oder Urlaubstage für die Woche aufbrauchen. 

Kostenübernahme ist lohnsteuerpflichtig 

Das Finanzamt stuft die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber als steuerpflichtigen Arbeitslohn ein und nahm ihn dementsprechend für nicht entrichtete Lohnsteuer in Haftung.
Der Arbeitgeber wandte dagegen ein, dass das Seminar im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse angeboten worden sei und die damit verbundene Zuwendung eine notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung (= kein Arbeitslohn) sei.

Entscheidung des Finanzgerichts 

Das Finanzgericht urteilte, dass der Kostenersatz anlässlich der „Sensibilisierungswoche“ zu Recht als Arbeitslohn qualifiziert worden ist. Zugewandte Vorteile sind kein Arbeitslohn, wenn sie sich bei Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Am Arbeitslohncharakter fehlt es, wenn ein Vorteil im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt worden ist und das Ausmaß der Bereicherung für den Arbeitnehmer deutlich in den Hintergrund tritt. Ein eigenbetriebliches Interesse überwiegt in der Regel bei Maßnahmen zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten. Eine solche Ausrichtung konnte das Finanzgericht bei den streitgegenständlichen "Sensibilisierungwochen" jedoch nicht erkennen. Vielmehr waren die Seminare nach Gerichtsmeinung allgemeine gesundheitspräventive Maßnahmen. Hierfür sprachen für das Finanzgericht unter anderem das vorgelegte Prospektmaterial und das Wochenprogramm der Seminare.  

Freibetrag für betriebliche Gesundheitsförderung nutzen

Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung können bis zu 500 EUR pro Jahr steuerfrei belassen werden. Dieser Freibetrag des § 3 Nr. 34 EStG war auch auf den anlässlich der „Sensibilisierungswoche“ zugeflossenen Arbeitslohn anwendbar.

Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. beim BFH VI R 10/17), sodass nun der Bundesfinanzhof abschließend über den Arbeitslohncharakter entscheiden muss.

FG Düsseldorf, Urteil v. 26.1.2017, 9 K 3682/15 L (Haufe Index 10643783)


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