Differenz zurückgezahlter Einlagen gegenüber Anschaffungskosten
Hintergrund
X erwarb in 2003 Anteile an einer GmbH von deren Muttergesellschaft entgeltlich für 0,70 EUR im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens. Der Nominalwert betrug 179.000 EUR. In Anschluss an den Erwerb wurde eine Kapitalerhöhung vorgenommen, an der X mit 31.000 EUR beteiligt war. Im Streitjahr 2006 erhielt X Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto der GmbH von 1.400.000 EUR.
Aufgrund einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass X durch die Ausschüttung einen Veräußerungsgewinn erzielt habe, der nach dem Halbeinkünfteverfahren zur Hälfte zu versteuern sei. Dementsprechend änderte es den bestandskräftigen ESt-Bescheid unter Berufung auf nachträglich bekannt gewordene Tatsachen. Das FG wies die Klage ab. Es war der Meinung, dem FA habe zwar die Bescheinigung über die Zahlung aus dem Einlagekonto vorgelegen. Es habe aber nicht gewusst - und sei ihm daher erst nachträglich bekannt geworden -, dass der Veräußerungspreis die Anschaffungskosten überstiegen habe.
Entscheidung
Auch die Revision blieb ohne Erfolg.
Wird eine qualifizierte Beteiligung veräußert, ist der Veräußerungspreis steuerbar, auch wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt, weil der Preis die Anschaffungskosten nicht übersteigt. Anders ist es bei dem Ersatztatbestand der Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagekonto. Hier bilden die Anschaffungskosten nur Erwerbsaufwendungen, soweit die Zurückzahlung die Anschaffungskosten übersteigt. Der übersteigende Teil des Rückzahlungsbetrags allein ist steuerbare Einnahme und (nach aktueller Rechtslage) zu 60 % steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn.
Sind die zurückgezahlten Beträge niedriger als die Anschaffungskosten, mindern sie die Anschaffungskosten der Beteiligung erfolgsneutral, führen also nicht zu steuerbaren Einnahmen. Erst bei einer Veräußerung (oder bei einem Ersatztatbestand) wird die zurückgezahlte Einlage mit dem wegen geminderten Anschaffungskosten höheren Veräußerungsgewinn erfasst. Folglich wusste das FA mit seiner bloßen Kenntnis von dem Rückzahlungsbetrag ohne Kenntnis der Anschaffungskosten nichts von einer steuerbaren Einnahme. Die steuererhöhende Tatsache steuerbarer Einnahmen (die positive Differenz der Rückgewähr von Einlagen gegenüber den Anschaffungskosten) wurde dem FA erst nachträglich durch die Außenprüfung bekannt. Das FA war daher berechtigt, den ursprünglichen ESt-Bescheid wegen nachträglich bekannt gewordener steuererhöhender Tatsachen zu ändern.
Hinweis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass steuerrelevante Tatsachen, deren nachträgliches Bekanntwerden eine Bescheidänderung rechtfertigt, alle Tatsachen sind, deren Kenntnis erforderlich ist, um den Steuertatbestand bei der Steuerfestsetzung feststellen zu können. Dazu gehörte im Streitfall auch die Höhe der Anschaffungskosten.
Urteil v. 19.2.2013, IX R 24/12, veröffentlicht am 24.4.2013
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