Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Die Steuerpflichtige war Eigentümerin von zwei bebauten Grundstücken, die der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienten und deren Anschaffungskosten durch Darlehen fremdfinanziert wurden. Eines der Grundstücke wurde in 2007 innerhalb der Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG veräußert. Eine Tilgung der zu seiner Finanzierung aufgenommenen Darlehen erfolgte zunächst nicht. Erst in 2009 wurde eines der beiden Darlehen ganz und das andere teilweise getilgt. Für die Jahre 2007 bis 2009 machte die Steuerpflichtige für das veräußerte Grundstück Schuldzinsen für die verbliebenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Sie führte aus, dass der Erlös aus der Veräußerung des Grundstücks nicht zur sofortigen Ablösung der für die Anschaffung dieses Objekts aufgenommenen Darlehen verwandt worden sei, um ihn für die Finanzierung neu anzuschaffender Objekte einsetzen zu können. Unter Berücksichtigung der günstigen Kreditkonditionen und der ersparten Vorfälligkeitsentschädigungen sei dies günstiger gewesen, als die vorhandenen Darlehen vorzeitig abzulösen und später neue Darlehen aufzunehmen. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht als nachträgliche Werbungskosten an.
Kein Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen?
Nach der BFH- Rechtsprechung ist ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu verneinen, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Erlös aus der Veräußerung des damit finanzierten Grundstücks hätten getilgt werden können. Nur wenn der Veräußerungserlös tatsächlich wiederum zur Anschaffung eines anderen der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Objekts eingesetzt wird, sind die für das fortbestehende Darlehen gezahlten Zinsen bei den nunmehr erzielten Vermietungseinkünften als Werbungskosten zu berücksichtigen. Nach Auffassung des Finanzgerichts lässt der Abzug der streitigen Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sich nicht damit begründen, dass die aus der Anlage des Veräußerungserlöses erzielten Kapitalerträge nach § 20 Abs. 8 EStG den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen seien. Auch die bloße Möglichkeit, dass der Veräußerungserlös eventuell später zur Anschaffung eines der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Grundstücks verwendet werden könnte, hat nicht zur Folge, dass die daraus erzielten Erträge dieser Einkunftsart zuzurechnen sind.
Revision ist anhängig
Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, die der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Für den Werbungskostenabzug ist hierbei unerheblich, ob die Veräußerung innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. BMF, Schreiben v. 27.7.2015, BStBl 2015 I S. 581). Im Urteilsfall beruhen die streitbefangenen Zinsen auf einem nicht abgelösten Darlehen, obwohl der von der Steuerpflichtigen erzielte Veräußerungserlös eine Ablösung in vollem Umfang zugelassen hätte. Allerdings war dies durch (nachvollziehbare) wirtschaftliche Überlegungen der Steuerpflichtigen begründet. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin hat der Bundesfinanzhof die Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts zugelassen (Az beim BFH IX R 4/17). Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung insoweit weiter modifiziert.
Niedersächsisches FG, Urteil v. 3.8.2016, 4 K 236/14, Haufe Index 11197815
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