Verbilligte Überlassung einer möblierten Wohnung
Hintergrund: Verbilligte Vermietung an den Sohn
Die Eheleute vermieteten ihrem Sohn eine Eigentumswohnung mit Einbauküche, Waschmaschine und Trockner. Ihre Ausgaben machten sie für die Streitjahre 2006 bis 2010 in voller Höhe als WK geltend. Die ortsübliche Vergleichsmiete ermittelten sie anhand des Mietspiegels. Den Wert der Einrichtungen (Einbauküche, Waschmaschine, Trockner) berücksichtigten sie dabei lediglich über ein Punktesystem für "sonstige Einflüsse" entsprechend dem Mietspiegel. Hiervon ausgehend überstieg die vereinbarte Miete 75 % der Vergleichsmiete mit der Folge des ungekürzten WK-Abzugs.
Das FA ging dagegen davon aus, die Vergleichsmiete sei unter Ansatz eines Möblierungszuschlags (höher) anzusetzen und errechnete eine Entgeltlichkeitsquote von nur 67 %, so dass wegen Unterschreitung der von der bisherigen Rechtsprechung entwickelten 75-%-Grenze (und bei der ermittelten negativen Überschussprognose) die WK nur anteilig abziehbar seien. Das FG gab der Klage zu einem geringen Teil insoweit statt, als es eine Entgeltlichkeitsquote von 72 % (anstelle von 67 %) zugrunde legte.
Entscheidung: Der Möblierungszuschlag richtet sich nach dem örtlichen Mietmarkt
Nach der für den Streitfall geltenden Rechtslage bis 2011 (§ 21 Abs. 2 EStG a.F.) ist grundsätzlich von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, solange der Mietzins nicht weniger als 75 % der ortsüblichen Miete beträgt (voller WK-Abzug). Liegt die Miete zwischen 56 % und 75 %, ist die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose zu prüfen. Bei positiver Prognose sind die WK in voller Höhe abziehbar. Bei negativer Prognose ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen und der WK-Abzug steht nur anteilig zu. Liegt das Entgelt unter 56 % der Vergleichsmiete, ist die Nutzungsüberlassung unabhängig von einer Überschussprognose aufzuteilen (BFH v. 5.11.2002, IX R 48/01, BStBl II 2003 S. 646).
Grundsätzlich entscheidend ist der Mietspiegel
Maßstab für die Berechnung der Entgeltlichkeitsquote ist die ortsübliche Marktmiete, d.h. die ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Kosten. Bei der Überlassung möblierter oder – wie im Streitfall - teilmöblierter Wohnungen ist für den Gebrauchsmehrwert ein Möblierungszuschlag anzusetzen:
- Soweit der Mietspiegel für überlassene Einrichtungsgegenstände einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über das Punktesystem vorsieht, ist diese Erhöhung als marktüblich anzusehen. Ein darüberhinausgehender Möblierungszuschlag darf dann nicht angesetzt werden.
- Lässt sich der Gebrauchswert aus dem Mietspiegel nicht entnehmen, ist ein am Markt realisierbarer Möblierungszuschlag zu berücksichtigen. Der Wert ist erforderlichenfalls durch einen Sachverständigen festzustellen.
- Ist ein marktüblicher Gebrauchswert nicht zu ermitteln, kommt ein Möblierungszuschlag nicht in Betracht. Insbesondere kann der Zuschlag nicht aus der AfA für überlassene Möbel oder einem Mietrenditeaufschlag abgeleitet werden.
Konkrete Feststellung der Ausstattungsmerkmale des Mietspiegels
Das FG-Urteil beruht darauf, dass der Möblierungszuschlag nicht anhand der Ausstattungsmerkmale des für den Streitfall geltenden Mietspiegels zu berücksichtigen sei, weil sich aus diesem eine Berücksichtigung von Möblierung oder anderweitiger Einrichtung nicht entnehmen lasse. Denn der Mietspiegel enthalte nur gebäudebezogene – nicht die Einrichtung betreffende - Ausstattungsmerkmale (Heizung, Fenster usw.). Der BFH widerspricht dieser Betrachtung. Das FG hätte konkret feststellen müssen, ob die Aufzählung der (gebäudebezogenen) Ausstattungsmerkmale im Mietspiegel abschließend ist oder ob die Überlassung einer Einbauküche ebenfalls zu den zu berücksichtigenden, aber nicht explizit aufgelisteten Ausstattungsmerkmalen gehört. Die Sache wurde zur Nachholung dieser Sachverhaltsumstünde an das FG zurückverwiesen.
Hinweis: Rechtsänderung ab 2012
Mit Wirkung ab 2012 (teilweise wird vertreten ab 2011) wurde die Rechtslage dadurch vereinfacht, dass nur noch ein Schwellenwert zu beachten ist. Die Aufteilungsgrenze wurde auf 66 % der ortsüblichen Miete angehoben (StVereinfG 2011). Mit dem neu eingefügten § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG wird ab der 66-%-Grenze die Vollentgeltlichkeit mit der Folge des vollen WK-Abzugs gesetzlich fingiert. Beträgt das Entgelt weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung aufzuteilen und der WK-Abzug entsprechend nur anteilig zu berücksichtigen. Die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose (bisher verlangt im Bereich von 56 % bis 75 %) ist nicht mehr erforderlich.
Der Maßstab der ortsüblichen Marktmiete gilt auch nach der neuen Rechtslage
Die vom BFH nunmehr aufgestellten Grundsätze zur Ermittlung der ortsüblichen Miete gelten auch nach der geänderten Rechtslage. Die WK sind nur dann in voller Höhe abziehbar, wenn das Entgelt mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Ausgangspunkt dafür ist der örtliche Mietspiegel. Nur wenn sich daraus ein Möblierungszuschlag nicht entnehmen lässt, ist der Gebrauchsmehrwert anhand des örtlichen Mietmarkts zu ermitteln, ggf. durch Schätzung oder auch durch ein Sachverständigengutachten. Der Mietzuschlag kann nicht aus der AfA für die Einrichtung oder einem Renditeaufschlag abgeleitet werden. Das widerspräche dem von § 21 Abs. 2 EStG geforderten Maßstab des örtlichen Mietmarkts.
BFH, Urteil v. 6.2.2018, IX R 14/17; veröffentlicht am 4.7.2018.
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