Private Gruppenkrankenversicherung für ausländische Saisonarbeitskräfte (BFH)
Hintergrund:
A unterhielt in den Streitjahren 2001 bis 2003 einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem sie Saisonarbeitskräfte aus Polen beschäftigte. Für diese Arbeitnehmer schloss A eine private Gruppenkrankenversicherung ab. Das FA war der Auffassung, dass die von A bezahlten Beiträge Arbeitslohn seien, für den A keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt habe. Demgemäß erließ das FA gegen A einen Nachforderungsbescheid.
Entscheidung des BFH:
Nach Auffassung des BFH reichen die bisher vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen in mehrfacher Hinsicht nicht aus, um die Lohnsteuernachforderung des FA zu rechtfertigen.
Er geht davon aus, dass Beiträge des Arbeitgebers zu einer privaten Gruppenkrankenversicherung der Arbeitnehmer Arbeitslohn sein können. Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers sind Lohn, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge leistet, ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch auf Leistung zusteht. In einem solchen Fall fließt Lohn mit der Beitragszahlung des Arbeitgebers in gleicher Weise zu, wie wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Barlohn zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer ihn selbst zu seiner Zukunftssicherung verwendet (BFH, Urteile v. 16. 4.1999 VI R 66/97, BStBl II 2000, 408, und v. 7.5.2009 VI R 8/07, BStBl II 2010, 194). – Im Streitfall fehlt es bisher allerdings an tatsächlichen Feststellungen zu dem von A abgeschlossenen Versicherungsvertrag, so dass der BFH dazu keine Entscheidung treffen konnte.
Bisher nicht geklärt ist auch die Frage, ob die Beitragszahlung als Bar- oder Sachlohn anzusehen ist. Die Klärung dieser Frage ist im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG von Bedeutung. Nach dieser Vorschrift bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die - nach Anrechnung etwaiger vom Stpfl. gezahlten Entgelte – sich ergebenden Vorteile insgesamt 50 DM (2001) bzw. 50 EUR (2002, 2003) im Kalendermonat nicht übersteigen. Für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn ist der Rechtsgrund des Zuflusses entscheidend (BFH, Urteil v. 11.11.2010 VI R 41/10, BStBl II 2011, 389). Dazu ist im Streitfall bisher nicht festgestellt, ob die Arbeitnehmer nach den arbeitsvertraglichen Regelungen von A lediglich den Krankenversicherungsschutz als solchen verlangen konnten (dann Sachlohn) oder ob sie stattdessen auch Barlohn in Höhe der Beiträge hätten fordern können.
Schließlich reichen die bisherigen Feststellungen des FG auch nicht für die Entscheidung aus, ob die Beitragszahlungen möglicherweise nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind. Steuerfrei sind hiernach „Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist“ .... Dagegen sind Leistungen, die aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht erbracht werden, nicht steuerbefreit. – Im Streitfall ist nicht auszuschließen, dass A hiernach verpflichtet war, die Krankenversicherungsverträge für ihre Arbeitnehmer abzuschließen (§ 3 Nr. 62 Satz 1 Alt. 3 EStG). Denn auch eine - von A behauptete - zwischenstaatliche Vereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit (in den Streitjahren: Bundesanstalt für Arbeit) und dem Nationalen Amt Polens kann eine Bestimmung sein, aus der sich eine Verpflichtung zur Erbringung von Zukunftssicherungsleistungen ergibt.
Urteil v. 2.3.2011, XI R 21/09, veröffentlicht am 22.6.2011
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
6765
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
675
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
674
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
512
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
472
-
Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen
454
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
444
-
Anschrift in Rechnungen
429
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
421
-
Teil 1 - Grundsätze
412
-
Verfassungsmäßigkeit des grundsteuerlichen Bewertungsrechts im Bundesmodell
20.12.2024
-
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Werbeaufwendungen
19.12.2024
-
Alle am 18.12.2024 veröffentlichten Entscheidungen
19.12.2024
-
Zuordnung zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen
18.12.2024
-
Verluste im Rahmen eines Steuerstundungsmodells nach § 15b EStG
18.12.2024
-
Verurteilung zweier Angeklagter wegen Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Geschäfte
18.12.2024
-
Innerorganschaftliche Zinsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung
18.12.2024
-
Minderung der Miete durch Zeichnung von Genossenschaftsanteilen
16.12.2024
-
Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
16.12.2024
-
Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft
16.12.2024